Streik im Einzelhandel: „So geht es einfach nicht mehr weiter“
Vollzeit für 1300 Euro netto — Düsseldorfs Verkäuferinnen machen ihrem Ärger Luft.
Düsseldorf. Irgendwann ist das Maß einfach voll. Bei Christiane Volker (Name geändert) hat es 44 Jahre gedauert, bis es so weit war.
Seit dieser Zeit arbeitet sie in Düsseldorf als Verkäuferin. Doch jetzt geht sie auf die Straße, um auf ihre Situation und die ihrer Kolleginnen aufmerksam zu machen.
„So geht es einfach nicht mehr weiter“, sagt die Carsch-Haus-Angestellte. „Wir müssen mit immer weniger Leuten immer mehr machen.“
Thema des Tages: Einzelhandelsstreik
Schnell und kompetent sollen sie sein, möglichst mit einem Lächeln auf den Lippen. Das verlangen die Kunden — und der Arbeitgeber verlangt es auch. Wie selbstverständlich gehören die Verkäuferinnen zur Einkaufsstadt Düsseldorf, doch unter welchen Bedingungen sie arbeiten, bleibt meist hinter einem professionelle Auftreten verborgen.
Damit war gestern für zwei Stunden Schluss, als rund hundert Demonstranten mit Plakaten und Trillerpfeifen durch die Innenstadt zogen (siehe Text unten).
Christiane Volker arbeitet 163 Stunden im Monat, an die neun Stunden pro Schicht. Vor allem das permanente Stehen fällt ihr schwer. Sie trägt medizinische Schuhe, Einlagen und Stützstrümpfe, um über den Tag zu kommen. „Vor allem am Ende eines Tages tun mir die Füße unglaublich weh.“ Ihren Lohn könnte man da fast als Schmerzensgeld bezeichnen: Etwa 1300 Euro netto.
Heike Gluchowski (44) verdient in etwa das Gleiche. Nur muss sie deutlich früher aufstehen, wenn sie Frühschicht hat — und zwar noch in der Nacht. Um sechs Uhr muss die Duisburgerin dann bei Real in Bilk Regale auffüllen oder das Mindesthaltbarkeitsdatum von Produkten kontrollieren.
„Ich suche natürlich in Duisburg einen Job, aber das ist nicht so leicht, gefunden habe ich noch nichts. Ich bin ja froh, dass ich überhaupt Arbeit habe“, sagt die Mutter von zwei Kindern.
140 Euro mehr im Monat, wie von Verdi gefordert, hätten einen großen Effekt für Gluchowski. „Vielleicht könnten wir es uns dann leisten, mal in den Urlaub zu fahren.“
Auch Marion Bartusch betont, was diese Summe im Monat ausmachen würde. „Ich musste neulich mein Auto reparieren lassen, die Rechnung konnte ich nur per Ratenzahlung begleichen.“ Außerdem müsse sie auf jeden Cent achten, ein wenig mehr Lohn wäre da eine große Erleichterung.
Seit 36 Jahren arbeitet sie im Kaufhof am Wehrhahn und kann ganz gut beurteilen, wie sich die Arbeit verändert hat. „Es ist viel stressiger geworden. Man muss viel mehr Aufgaben übernehmen, da viele Stellen nicht nachbesetzt werden.“
Vor allem für die Jungen sei es hart. Nach drei Jahren Ausbildung warte ein Einstiegsgehalt von 1600 Euro auf sie — brutto.