Szene: Hier Profit, da Schöngeist

Düsseldorf und Berlin: Zwei Modemacher sagen, was an den Standorten geht und was nicht.

Düsseldorf. Franco Bonofiglio hatte 2006 den Eindruck, genug Schöngeist in Berlin gesammelt zu haben. Nach einem kurzen Abstecher in Köln entschied er sich schließlich fürs Geldverdienen und ging nach Düsseldorf. In Flingern an der Flurstraße hat er seit Juli Atelier, Showroom und Büro.

Nicht der übliche Quadratmeterüberschuss mit wenig drin, eher die Klein-aber-fein-Raumvariante. Im Ladenlokal hängt die feminine, dezente Kollektion von Bonofiglios Label "dos con dios", aber auch ausgewählte Fremdstücke. Etwa ein Kostüm von Ute Voges-Schulwitz, die unter anderem für den Chef-Couturier des englischen Königshauses arbeitet.

"Die Klientel, die ich anspreche, ist kosmopolitisch", sagt Bonfiglio. "Und solche Leute gibt es in Düsseldorf. Die Menschen hier sind offen und informierter als anderswo", glaubt er. Das sagt ausgerechnet jemand, der sich drei Jahre lang in der Berliner Modeszene umgetan hat.

Den Machern der Düsseldorfer Modemesse müssen die Ohren geklingelt haben. Schließlich gilt die Hauptstadt unter Kreativen als Zeitgeist-Zentrum und ist mit der "Premium" einer der Hauptkonkurrenten der Landeshauptstadt.

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"Berlin ist toll, um etwas auszuprobieren", sagt Bonfiglio. "Aber für den Profit ein schwieriges Pflaster. Entweder man hat in Mitte ein Geschäft oder man verdient nichts." Düsseldorf biete dagegen viele Möglichkeiten. "Hier ist der Standort für die Generalagenturen großer Marken. Es gibt dafür in Deutschland kein größeres Ballungsgebiet", sagt Franco Bonfiglio. "Ich bin extra deswegen nach Düsseldorf gekommen."

Ob seine Begeisterung auch für einen Stand auf der nächsten CPD im Februar reicht, ist noch unklar. "Die CPD in Düsseldorf und die Premium in Berlin finden im nächsten Jahr fast zeitgleich statt. Das ist schlecht geplant." Vielleicht mache er einen Tag Berlin und einen Tag Düsseldorf, überlegt der Designer.

Oder er miete einen Showroom auf der Kaiserswerther Straße. Ganz sicher aber wird er die Schwester-Messe in Moskau, die CPM, besuchen. "Russland ist einer der wichtigsten Märkte geworden. Unsere Sachen werden von russischen Kunden stark nachgefragt, da ist sehr viel Geld im Spiel."

Jeftha de Vries von der Agentur Dutchdelight hingegen hat die nächste CPD bereits fest gebucht. Vor einem Jahr ist der Holländer von Berlin nach Düsseldorf gewechselt. Auf der letzten Premium in der Bundeshauptstadt hat er keine einzige Order geschrieben, da war für ihn Schluss mit hip und trendy.

"In Berlin macht man sich einen Namen, in Düsseldorf macht man Business." Auch weil die Standortfaktoren stimmen. "Der Flughafen ist nahe an der Innenstadt, man ist schnell in der City und kann auf der Kaiserswerther Straße an einem Tag drei, vier Termine wahrnehmen."

Trotzdem muss die Modestadt am Rhein nach Ansicht von Jeftha de Vries und Franco Bonofiglio kräftig an Anziehungskraft und Image arbeiten. "Das fängt bei ganz grundsätzlichen Dingen an", sagt Vries. So hätten zuletzt nur sehr wenige Plakate die CPD angekündigt.

"Die Messe braucht ein attraktives Begleitprogramm", sagt de Vries. "Es gibt doch hier alles Notwendige: junge und etablierte Kunst, Kreative, eine tolle Akademie." Ein Catwalk mit der Mode junger und großen Designer solle parallel zur Messe in der City organisiert werden. Und wer soll das bezahlen. "Die Stadt?" ist de Vries an diesem Punkt ratlos.

"Düsseldorf muss sich seine eigenen Events erschaffen", sagt auch Bonofiglio, der mit seinem Partner Markus Schmidt neben Mode auch ein Musiklabel hat und demnächst zudem Benefizaktionen veranstalten wird. "Aber Düsseldorf hat ja die jungen Veranstaltungen weggegeben", kritisiert Bonofiglio, "vor Jahren die Popkomm an Köln und 2007 die Love Parade desinteressiert ans Ruhrgebiet weitergereicht."