Turbo-Abi: Zwei Schwestern, ein Abi-Jahrgang
Kateryna ist 20, Anna 18. Wegen der Schulzeitverkürzung haben sie jetzt am Humboldt gemeinsam Abitur gemacht.
Düsseldorf. Immer war Kateryna (20) die große Schwester und nun hat Anna (18) sie plötzlich überholt. Auf der Zielgeraden. Anna bekommt ihr Abizeugnis früher und feiert eine Woche vorher Abiball. Das Turboabitur — auch G8 genannt — hat in der Familie Khoroshylova einiges durcheinandergeworfen.
Kateryna und Anna Khoroshylova haben am Humboldt-Gymnasium gerade zusammen Abitur gemacht: Kateryna im letzten G9-Jahrgang, Anna als eine der ersten G8erinnen. Im Jahrgang waren die beiden irgendwann bekannt wie bunte Hunde — wenn auch nicht von Beginn an: „Die Leute haben lange gebraucht zu merken, dass wir Schwestern sind. Wohl auch weil wir so unterschiedlich aussehen“, sagt Kateryna.
Im ersten gemeinsamen Oberstufenjahr hatten beide zunächst nur Religion gemeinsam. Dort führten sie dann regelmäßig familieninterne Diskussionen, wenn es zum Beispiel um Sterbehilfe ging: „Wenn Kateryna etwas sagte, habe ich mich gemeldet und eine andere Meinung vertreten“, erzählt Anna. Zum einen hätten die beiden eben unterschiedliche Ansichten, zum andern „weil man sich abgrenzen will“. Die Mitschüler habe es aber amüsiert.
Lange Zeit haben die Schwestern gar nicht geahnt, dass sie einmal gemeinsam in Kursen sitzen würden. Als Anna in der 5. Klasse ins Turboabi startete, hätten die Kinder noch nicht so weit in die Zukunft gedacht, sagt Anna. Die Erkenntnis, was G8 für sie bedeutet, kam später und schrittweise. In der siebten und achten Klasse war Annas Tornister schon sehr schwer und die Lehrer redeten öfter davon, dass die Kinder ein Jahr aufzuholen haben. Empörend für die kleine Schwester war zudem: „Ich hatte schon zweimal Nachmittagsunterricht, während Kateryna oft vor mir zu Hause war und morgens öfter mal die erste Stunde frei hatte.“
Deshalb versteht Anna auch gar nicht die Klagen ihrer großen Schwester. Denn in deren Jahrgang fühlten sich die letzten G9er auch manchmal benachteiligt, zum Beispiel wegen neuer Lernmethoden, welche die Jüngeren draufhatten, die sie selber aber nicht kannten. Wegen des Doppeljahrgangs haben sie und ihre Mitschüler es jetzt schwerer auf dem Arbeitsmarkt, sagt Kateryna.
Und dann die Sache mit dem Abitur: Am Humboldt gibt es in diesem Jahr zweimal Zeugnisübergabe und zweimal Abifeier — und beide Male sind die Jungen zuerst dran. Das ist zwar nur jeweils eine Woche — aber diese Woche wird von Kateryna und ihrem Jahrgang sehr ernst genommen.
Das Verhältnis der beiden hat aber nicht gelitten: In den vergangenen Jahren haben sie sich auch mal gegenseitig bei den Hausaufgaben unterstützt oder gemeinsam Referate gehalten. Und zur Abifeier gehen sie in diesem Jahr je zweimal.
Und danach? Kateryna fängt im Sommer bei einer Bank in Berlin an, Anna ein duales Studium in Düsseldorf. Im Rückblick ist Anna froh, dass sie Turboabitur gemacht hat und nun schon früh ins Berufsleben starten kann. An eine Auszeit mit Auslandsaufenthalt hat sie nicht gedacht: „Ich möchte Karriere machen.“