Vorlesung fast ohne Studenten
Gastprofessor Joschka Fischer referierte zum letzten Mal über Europa.
Düsseldorf. Großer Andrang an der Heinrich-Heine-Universität. Wo sich sonst die Sitzreihen nur langsam füllen, setzt schon eine Stunde vor der Veranstaltung ein Kampf um die besten Plätze ein. Lange Schlangen sind vor dem Konrad-Henkel-Hörsaal, als sich die Türen öffnen. Innerhalb von einer halben Stunde sind alle 633 Plätze besetzt, und der Sicherheitsdienst muss Zuhörer abweisen.
Hier findet keine langweilige und trockene Vorlesung statt, heute ist der Dozent ein Stargast. Im Rahmen der Heine-Gastprofessur spricht der ehemalige Außenminister Joschka Fischer am Dienstag um 16 Uhr zum letzten Mal über "Die Rolle Europas in der Welt". Eigentlich ein tolles Angebot für die Studenten.
Doch viele werden enttäuscht: "Ich bin extra eine Viertelstunde vorher hier hingekommen, aber der Hörsaal war schon zu", sagt der Student Lars Meier. Der Grund für die Enttäuschung ist einfach: Der Hörsaal ist für das Publikum viel zu klein. Obwohl er der größte der Uni ist, reichen die Plätze bei weitem nicht aus.
Wegen des großen Andrangs ist der Raum bereits eine Stunde vor Beginn der Vorlesung geöffnet. Genau dann, wenn viele Studenten noch in ihren Veranstaltungen sitzen. Deshalb sind weit mehr als die Hälfte der Plätze von externen Gästen belegt, die viel Zeit zum Anstehen mitbringen.
"Man sieht ja, wie voll es ist, deshalb sind wir früher hier", sagt Gasthörer Gerd Demmer. Ein weiteres Problem ist, dass über hundert Plätze für Journalisten und geladene Gäste reserviert sind. Viele Studenten haben deshalb das Nachsehen. "Bei der nächsten Gastprofessur müssen wir teilnehmen können, ohne die Seminare zu schwänzen", sagt die Studentin Jennifer Zahn.
Bei den Auswärtigen kann sie sich nicht beschweren: Die Veranstaltung ist öffentlich und interessierte Bürger sind herzlich eingeladen. Mit Joschka Fischer wurde zudem ein Gastprofessor gefunden, der Jung und Alt begeistert. Sogar Andi und Breiti von den Toten Hosen sind gekommen. "Ich mochte den schon immer und bin gespannt, was er erzählt", sagt Bassist Andi.
Das Platzproblem ist der Uni bekannt. Das Rektorat hat darauf reagiert und überträgt die Veranstaltung in zwei zusätzliche Hörsäle. Doch echte Vorlesungsatmosphäre kommt hier nicht auf. Das "Public Viewing" ermöglicht zwar allen einen Blick auf die Veranstaltung. Aber Rückfragen und Anmerkungen an Joschka Fischer sind nicht möglich.
Not macht erfinderisch: "Wenn wir ihn schon nicht live in der Vorlesung erleben können, möchten wir wenigsten einen kurzen Blick auf ihn werfen", sagt die Biologiestudentin Anne Petz während Joschka Fischer über den Flur kommt und den Hörsaal betritt.