Bildung in der Pandemie Warum Düsseldorfer Abiturienten wieder in die Schule wollen
Düsseldorf · Ob es eine Chance gibt, dass die Düsseldorfer Schulen bald wieder öffnen, sagt die Landesregierung bislang nicht. Auch die freien Tage zu Karneval sorgen für Diskussionen. Einige Eltern würden lieber versäumten Stoff nachholen.
Das Lernen auf Distanz geht weiter. Vorerst jedenfalls. Nach wie vor ist unklar, ob es in der zweiten Februarhälfte eine Rückkehr zu Präsenz- oder Wechselunterricht geben wird. „Ich habe Angst, mein Abi zu verpatzen“, sagt Nadia Idrissou, die in die Dieter-Forte-Gesamtschule geht. Aber nicht nur Abiturienten befürchten Lernrückstände, die nicht mehr aufzuholen sind. „Wie kann es sein, dass die meisten Schulen an Karneval frei machen, obwohl der in diesem Jahr ausfällt?“, fragen Eltern, die an diesen Tagen lieber versäumten Stoff nacharbeiten würden.
Was befürchten die Abiturienten?
Viele Stunden verbringt Nadia Idrissou tagtäglich an ihrem Schreibtisch. „Gefühlt investiere ich sogar mehr Zeit, als wenn ich in der Schule wäre“, sagt die 19-Jährige. Sicher fühlt sie sich mit Blick auf die für März terminierten Vorabi-Klausuren trotzdem nicht. „Es fehlt die persönliche Unterstützung der Lehrer. Der Videochat ist kein vollwertiger Ersatz“, sagt die Schülerin.
Wie die meisten ihrer Mitstreiter will sie spätestens ab dem 16. Februar zurück in die Schule und vermisst eine Perspektive. Am 8. März schreibt sie ihre erste Vorabi-Klausur im Deutsch-Leistungskurs, nach den Osterferien folgen dann – etwas später als ursprünglich geplant – die eigentlichen Abi-Klausuren. Der Gedanke, in dieser Phase ausschließlich auf den Online-Wiederholungsplan angewiesen zu sein, „lässt uns alle ziemlich verzweifeln“, sagt sie.
Ohnehin lebe ihr Jahrgang in einem permanenten Ausnahmezustand. So sei bereits das letzte Schuljahr von Corona dominiert worden. Und auch für die Zeit nach dem Abi gebe es nicht die üblichen Spielräume. „Mein freiwilliges soziales Jahr in Frankreich habe ich genauso gestrichen wie eine Au-pair-Zeit mit College-Kursen in den Vereinigten Staaten.“ Stattdessen soll es nun direkt ins Jura-Studium gehen. „Am liebsten nach Hamburg“, sagt Idrissou, „aber dafür braucht man nun mal ein ordentliches Abitur, auf das man gut vorbereitet ist.“
Was sagen die
Schulleiter zum Abi?
Ralf Schreiber blickt trotz aller Einschränkungen positiv auf die anstehenden Prüfungen. „Es wird auch in 2021 kein Corona-Abi und keine mit einem Stempel versehene Corona-Generation geben“, sagt der Leiter des Goethe-Gymnasiums in Düsseltal. Auf mögliche Defizite werde bei den Prüfungen Rücksicht genommen. „Bei vier verschiedenen Klausur-Themen für einen Leistungskurs werden wir am Tag vor dem Termin das Thema, bei dem wir die meisten Lücken verorten, ganz aussortieren“, sagt Schreiber. Auch einen sogenannten „Freischuss“, bei der die Wiederholung des letzten Jahrgangs nicht angerechnet wird, hält er für möglich – allerdings nur in begründeten Einzelfällen.
Warum wird an Karneval
häufig nicht unterrichtet?
Das Gros der Schulen hält an dem Brauchtumstag zu Rosenmontag sowie den beweglichen Ferientagen davor und danach fest. „Die Weihnachtsferien wurden um vier Tage verlängert und das Land hat versprochen, diese Unterrichtstage nachzuholen. Genau das sollte man jetzt tun statt den Kindern ein weiteres Mal freizugeben“, sagt Nele Flüchter, deren Sohn in eine Grundschule geht.
Das Argument haben die Düsseldorfer Schulleiter zuletzt häufiger gehört. Dennoch bleibt es an vielen Standorten bei der Regelung, wonach neben dem Rosenmontag auch der Freitag nach Altweiber oder der Veilchendienstag freie Tage sind. „Es ist Familienzeit, die viele seit Monaten mit Urlaubstagen vorgeplant haben und die sie jetzt auch nutzen wollen“, sagt Heide Steinke, Leiterin der Grundschule an der Kronprinzenstraße. Ihre Kollegin Birgit Nösser von der KGS Fuldaer Straße ergänzt: „Diese Tage müssen bis zum Schuljahresende genommen werden. Unsere Pflegschaft ist der Meinung, dass wir sie nicht auf Mai oder Juni verschieben sollten, weil es dann wahrscheinlich wieder Präsenzunterricht gibt.“
Schuldezernent Burkhard Hintzsche teilt diese Einschätzung: „Ich habe sehr großes Verständnis dafür, dass aus Gründen der Transparenz und Verlässlichkeit an den Planungen festgehalten wird, zumal keine Lernzeiten verloren gehen.“