Familien in der Landeshauptstadt Mehr Sicherheit im Verkehr gefordert

Düsseldorf. · Düsseldorf tut viel für seine Familien. Baustellen bleiben Wohnungssuche, Betreuung und der Weg zur Schule.

Nele (38) und Falko (43) Flüchter, Sohn Henry (8) und Tochter Anouk (4) vor der Awo-Kita an den Schwanenhöfen

Foto: Endermann, Andreas (end)

Ziemlich stolz ist die Landeshauptstadt darauf, dass sie vor einigen Jahren als erste deutsche Großstadt mit mehr als 500 000 Einwohnern als dauerhaft familienfreundlich zertifiziert wurde. Und zwar nach Kriterien, die seinerzeit vom NRW-Familienministerium, der Bertelsmann-Stiftung und einer Initiative der Hertie-Stiftung entwickelt worden waren. Ein Etikett, das mehr als nur schmückendes Beiwerk ist. „Gute Bedingungen für Familien zu schaffen, ist ein ganz realer Standort-Faktor“, sagt Jugenddezernent Burkhard Hintzsche. Wer den Job wechsele und für eine Karriere bereit sei, den Wohnort zu wechseln, schaue genauer hin, wie gut er mit der Familie in der neuen Heimat leben kann.

Düsseldorf, so viel steht fest, kann – anders als beispielsweise ärmere Kommunen im nördlichen Ruhrgebiet – in einigen Bereichen überdurchschnittlich punkten. Dass bis 2025 eine Milliarde Euro in den Ausbau der Schulen investiert wird, findet bundesweit Beachtung und wird in einschlägigen Foren positiv bewertet. Eine Stadt, die so viel Geld in den Bildungssektor investiert, kann keine schlechte Wahl sein, lautet die Botschaft. Es gibt Bildungs-, Kita- und Tagespflege-Navigatoren, I-Punkte fürs Elterngeld, einen Familientisch, an dem sich mehr als 100 Initiativen, Kammern und Unternehmen beteiligen, und demnächst auch ein Familienbüro, das die Serviceangebote bündeln soll.

Hinzu kommt in der boomenden Metropole am Rhein – jenseits von Pandemie-Zeiten – ein enorm facettenreiches Bildungs-, Freizeit- und Kulturangebot, das den Horizont Heranwachsender weitet und sie im besten Fall zu polyglotten Weltbürgern macht. Keine Frage: In Düsseldorf zu leben, ist eine gute Wahl – auch für Familien.

Und doch eine, bei der es neben viel Licht auch Schatten gibt. Beispiel Betreuung. Hier hat Nele Flüchter, als sie 2016 mit ihrer Familie von Hamburg nach Düsseldorf zog, doch einiges überrascht. Und zwar nicht nur positiv. So hatte sich die Familie die Suche nach einem Kita-Platz sehr viel einfacher vorgestellt. „Wir wohnten damals in Bilk, aber meine beiden Kinder sollten in zwei verschiedene Kitas – eins nach Garath und das andere nach Benrath.“ Auch die Öffnungszeiten irritieren sie bis heute. So hatten in Hamburg alle städtischen Kitas von 7 Uhr morgens bis 18 Uhr abends geöffnet. „Die Zeitspanne hat niemand komplett ausgeschöpft. Was aber zählte, war die Flexibilität, man konnte Familie und Beruf besser miteinander vereinbaren“, sagt die 38-Jährige. Was die vierköpfige Familie ebenfalls nicht kannte, waren Betreuungsangebote wie beispielsweise der Offene Ganztag an den Grundschulen, der die Hälfte der Sommerferien schließt. „In Hamburg lief die Betreuung an jedem Schulstandort durch.“

Düsseldorf punktet bei Familien mit kostenloser Kita ab drei Jahren

Überzeugt hat die Mutter in Düsseldorf dagegen die Familienkarte, über die man Ermäßigungen in Anspruch nehmen kann. Und auch die Tatsache, dass die Betreuung für Kinder ab drei Jahren kostenfrei ist, sei ein Pfund, das die Stadt für Familien attraktiver mache. Dafür seien allerdings die Gebühren im U3-Bereich für mittlere Einkommen zu hoch.

Zu den echten Minuspunkten zählt aus Sicht vieler Eltern der Straßenverkehr. „Wir wählen nicht den direkten Weg zur Schule“, sagt Marcel Scherrer, der in Bilk wohnt und zwei Kinder hat. Sein Sohn geht in die erste Klasse. „Wir machen eine größere Runde um den Block, weil wir lieber gleich einen Weg einüben wollen, den der Junge später auch alleine gehen kann.“ Frustriert ist der 41-Jährige über die Rücksichtslosigkeit von Falschparkern, die Kreuzungen und Einmündungen so zustellen, dass selbst Erwachsene nicht mehr sicher über die Straße kommen. Deshalb hat er die Initiative „Geh-weg“ ins Leben gerufen, die Autofahrer zu mehr Rücksicht ermahnt. Nele Flüchter schätzt das ähnlich ein. „Auch Radfahren ist in Düsseldorf für Kinder, die in den urbanen Quartieren leben, wirklich kein Thema. Hier gibt es jede Menge Luft nach oben. Und viele Vorbilder, an denen man sich orientieren kann.“

Zu einer Belastung kann die Wohnungssuche werden. Eine bezahlbare Vier-Zimmer-Wohnung zu finden, ist für viele Familien so etwas wie ein Sechser im Lotto. Und auch das gehört zur Lebenswirklichkeit: Düsseldorf ist sozial tief gespalten. So leben im Sozialraum 207 (Zoo-Viertel) 8,2 Prozent aller Minderjährigen in Haushalten, die mit öffentlichem Geld (SGB II/ Hartz IV) unterstützt werden. Nur wenige Kilometer weiter im Sozialraum 203 (Flingern-Süd/Kiefernstraße) sieht das ganz anders. Hier liegt diese Quote bei 54,1 Prozent.

„Über Familienzentren sowie zahlreiche Programme und Initiativen steuern wir gegen. Nur eine sozial gerechte Stadt ist auch eine lebenswerte Stadt. Kein Kind und keine Familie darf zurückgelassen werden“, sagt Hintzsche.