Düsseldorf "Was kostet's"? Freier verwechselt Staatsanwältin mit Dirne

Die Juristin war beim nächtlichen Einsatz auf der Charlottenstraße und wurde von dem 51-Jährigen angesprochen. Die Geldbuße von 250 Euro wurde vom Gericht reduziert.

Zusammen mit dem Ordnungsamt und der Polizei versucht Staatsanwältin Vera S. das Problem Straßenstrich an der Charlottenstraße in den Griff zu bekommen. Auf einer Streife wurde die Juristin von dem 51-Jährigen angesprochen.

Foto: Melanie Zanin

Düsseldorf. Wenn Damen allein zu nächtlicher Stunde auf der Charlottenstraße unterwegs sind, gehen sie oft dem ältesten Gewerbe der Welt nach. Oder sind im Dienst. Wie Staatsanwältin Vera S., die zusammen mit Ordnungsamt und Polizei versucht, das Problem Straßenstrich in den Griff zu bekommen. Ausgerechnet die 34-Jährige sprach Herbert S. an und fragte: „Was kostet’s?“ Prompt bekam er einen Bußgeldbescheid über 250 Euro, gegen den der Mann Einspruch einlegte. Der wurde am Dienstag vor dem Amtsgericht verhandelt.

Seit einigen Monaten werden beim Amtsgericht die so genannten beschleunigten Verfahren durchgeführt. Straftäter, die eindeutig überführt sind, werden sofort in Untersuchungshaft genommen und innerhalb einer Woche vor Gericht gestellt. Mit dieser „Turbo-Justiz“ sollen lange und kostspielige Verfahren vermieden werden.

Auch im Rotlicht-Bezirk rund um die Charlottenstraße finden gemeinsame Streifen statt. Am 4. Juli gegen 23 Uhr war die Staatsanwältin eigentlich mit zwei Mitarbeitern des Ordnungsamtes unterwegs. Doch eine Dame machte sich ein paar Meter weiter Notizen auf ihrem Block und ihr Kollege war gerade anderweitig beschäftigt. Darum stand Vera S. plötzlich für ein paar Minuten ohne ihre Begleitung da.

Diese Chance wollte sich Herbert S. offenbar nicht entgehen lassen. Er marschierte schnurstracks auf die Juristin zu und sprach sie an. „Ich habe nur gesagt: Guten Abend, schöne Frau“, behauptete der Angeklagte am Dienstag. Dem allerdings widersprachen sowohl die Staatsanwältin als auch ein weiterer Zeuge: Beide hatten deutlich gehört, dass der 51-Jährige „Was kostet’s?“ gesagt hatte.

Zu weiteren Preisverhandlungen kam es nicht. Die wären auch schnell beendet gewesen, denn Herbert S. hatte nur sieben Euro in der Tasche — und zwei leere Bierflaschen, für die er 16 Cent Pfand bekommen hätte. Er räumte zwar ein, früher schon mal für Liebesdienste im Sperrbezirk bezahlt zu haben, bestritt aber bis zuletzt, am fraglichen Abend als Freier an der Charlottenstraße unterwegs gewesen zu sein. Das glaubte ihm allerdings Amtsrichter Dirk Kruse nicht.

Immerhin bekam der Mann einen Nachlass, weil er das Bußgeld von 250 Euro nicht aufbringen kann. Der 51-Jährige lebt in einer Obdachlosen-Unterkunft, hat jede Menge Schulden und muss mit einem Taschengeld von 50 Euro im Monat auskommen. Verurteilt wurde er schließlich zu einem Bußgeld von 25 Euro — das will Herbert S. nun in monatlichen Raten von fünf Euro abstottern.