„Welche Kraft der Hoffnung“
Der Europa-Politikerin Simone Veil wurde am Montag der Heine-Preis verliehen.
Düsseldorf. Im Saal wird es allmählich unruhig. Als sich am Montag die diesjährige Heine-Preisträgerin Simone Veil nach ihrer Ehrung ins Goldene Buch der Stadt einträgt, schreibt sie jedes Wort mit Bedacht. „So lange hat sich noch keiner Zeit gelassen“, sagt ein Besucher und trifft ungeahnt den Nerv. Die 82-jährige französische Europa-Politikern ist für flotte Sprüche oder Entscheidungen nicht zu haben.
Mit ihrer „festen Stimme“, wie Oberbürgermeister Dirk Elbers am Montag am Rande der Festveranstaltung freundlich bemerkt, dankt sie der Stadt Düsseldorf für die Auszeichnung, und mit derselben festen Stimme setzt sie sich seit Jahrzehnten in der Politik für die Grundrechte der Menschen ein: als Gesundheitsministerin in der Regierung Jacques Chirac ebenso wie als Präsidentin des Europaparlaments.
„Einer wie Heine, stolz und selbstbewusst an Idealen orientiert, findet keine Ruhe im Erreichten. Ganz wie Sie, werte Frau Veil“, sagt Oberbürgermeister Dirk Elbers in seiner Begrüßungsrede.
In ihrem Engagement für ein gerechtes Europa und für die Durchsetzung humanitärer Ziele, in ihrem Einsatz für eine deutsch-französische Aussöhnung ist Simone Veil sicher keine Einzelkämpferin.
Jedoch zeichnet sie sich durch einen Gestaltungswillen aus, der vor ihrem biographischen Hintergrund zu sehen ist und durch diesen eine besondere Bedeutung erhält. Simone Veil ist Jüdin, ihre Familie wurde während der Nazizeit ermordet. Sie selbst war in in den Konzentrationslagern Auschwitz und Bergen-Belsen inhaftiert. Zu ihrer Schwester jedoch sagt sie, als sich das Dasein der beiden Frau neu zu ordnen beginnt: Wir haben das Leben vor uns.
„Welche Kraft der Hoffnung“, sagt Laudator Hans-Gert Pöttering gestern. „Selbst in den dunkelsten Stunden Europas und den schlimmsten Stunden im Leben ihrer Familie verzweifelte Simone Veil nie.“ Ebenso wie die Jubilarin hatte Pöttering in der Vergangenheit das Amt des Europaparlaments-Präsidenten inne.
Simone Veil, der mit dem Bürgerrechtspreis der Sinti und Roma in diesem Jahr noch eine weitere Auszeichnung zuteil wird, dankt in ihrer Rede der Stadt Düsseldorf und zeigt sich „tief bewegt“. „Seit dem Kriegsende habe ich immer die Meinung vertreten, dass Versöhnung nicht die Erinnerung auslöscht, sondern vielmehr ermöglicht Rachegedanken auszuschalten und jedes erneute Auseinanderdriften zu verhindern.“
Sie sei „stolz und glücklich, heute zu Ehren des deutschen Dichters Heinrich Heine und der Stadt Düsseldorf den Heine-Preis 2010 zu erhalten“.