Wie die Polizei einen Sexualstraftäter überwacht
Observierungen wie im aktuellen Fall bedeuten einen riesigen Aufwand.
Düsseldorf. Ein Sexualstraftäter lebt nach 22 Jahren hinter Gittern auf freiem Fuß in Düsseldorf — obwohl laut Gutachten eine „mehr als 50-prozentige Wahrscheinlichkeit“ besteht, dass der Mann rückfällig wird.
Wie die WZ berichtete, ist diese Situation Folge der aktuellen europäischen Rechtsprechung. Der Polizei macht das viel Arbeit: Um die Sicherheit der Bürger zu gewährleisten, werde „enormer Aufwand“ betrieben.
Was das bedeutet, erklärt Rainer Wendt, Vorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft: „Wenn der Täter nicht kooperiert, braucht man für eine solche Observierung rund 50 Polizisten.“ Im aktuellen Fall sind es vermutlich etwas weniger. Es heißt, der Über-60-Jährige würde mit der Polizei kooperieren.
Für einen rund um die Uhr besetzten Posten sind etwa sechs Beamte nötig. Sie wechseln sich im Schichtdienst ab. „Meist läuft das mit Zwei-Mann-Teams in zivil ab“, sagt Wendt. Neben der Beobachtung der Wohnung müssten auch alle möglichen Verkehrsmittel — Fahrrad, Roller oder Auto — bereitgehalten werden, um dem Mann in jedem Falle folgen zu können. Die Kosten für einen solchen Einsatz sind immens.
Wie intensiv die Kontrolle ausfällt, hängt auch davon ab, wie gefährlich der Sexualstraftäter eingeschätzt wird. Festgelegt wird das im „Kurs“, dem „Konzept zum Umgang mit rückfallgefährdeten Sexualstraftätern“ in NRW.
Der Mann, der jetzt nach Düsseldorf gezogen ist, dürfte in die Risikogruppe A fallen: „Verurteilte, bei denen zu befürchten ist, dass sie jederzeit erneut eine erhebliche einschlägige Straftat begehen.“ In Fallkonferenzen mit Polizei, Justiz und Gutachtern wird regelmäßig neu über diese Einstufung und die Überwachung entschieden.
Zum „Kurs“-Verfahren gehören auch das direkte Ansprechen des Täters, Aufklärungsgespräche mit potenziell gefährdeten Personen im Umfeld und enger Kontakt zur Führungsaufsichtsstelle, bei der sich der Mann regelmäßig melden muss.
Doch so gut jede Überwachung sein mag, ein Restrisiko bleibt. Wendt: „Der Sexualstraftäter, der in Heinsberg lebte, ist zwischendurch auch abgehauen. Eine hundertprozentige Sicherheit gibt es nicht.“