Wie kleine Betriebe der Krise trotzen Düsseldorfer starten trotz Corona ihr eigenes Unternehmen
Düsseldorf · Drei Beispiele aus Unterbilk und Friedrichstadt zeigen, dass auch in Corona-Zeiten mutige Entscheidungen getroffen werden.
So haben sie sich die Eröffnung ihrer Geschäfte nicht vorgestellt. Hazahr Aziz Othman hatte den Start seines ersten eigenen Barber-Shops an der Friedrichstraße mit einem großen Fest geplant. Daraus wurde nichts. „Nach dem Lockdown haben wir einfach aufgemacht, ohne Sekt und Luftballons“, sagt der Friseurmeister. Luftballons und Sekt gab es hingegen bei Aida Dervishi, die gemeinsam mit ihrem Vater ein Geschäft für Kosmetik- und Friseurbedarf an der Elisabethstraße am 1. Juli aufmachte. Und noch während des Lockdown übernahm Kadir Akin die Trattoria „Lupo“ an der Friedrichstraße und möchte unter dem neuen Namen „Casanova“ die Tradition italienischer Küche fortsetzen. In diesen unsicheren Zeiten drei mutige Entscheidungen.
Wie sehr der Einzelhandel bisher unter der Corona-Krise leidet, zeigt eine Umfrage der hiesigen Industrie- und Handelskammer (IHK), die in der vergangenen Woche veröffentlicht wurde. 71 Prozent der befragten Handelsunternehmen verzeichnen danach seit Beginn der Krise Umsatzrückgänge. Bei über einem Drittel sind die Umsätze um mehr als 25 Prozent eingebrochen.
15 Jahre hat Hazhar Aziz Othman Erfahrungen in Barber-Shops gesammelt. Nach einiger Suche fand er ein geeignetes Objekt für seinen „Hero Barber Shop“, gleich gegenüber vom ehemaligen Stern-Verlag. Nach dem Umbau hat er dort nun einen großen hellen Raum, mit dunklem Holzboden, eine Ledersitzecke für Kunden sowie viel Platz, um Frauen und Männer zu frisieren und zu stylen. „Wir haben hier optimale Bedingungen, um die Hygiene-Maßnahmen und Abstände einhalten zu können.“ Aziz Othman lässt seinen Blick durch den Raum schweifen. Glücklich wirkt er nicht. „Ich wollte mir einen Traum verwirklichen. Donnerstags bis samstags hatte ich vor Corona immer alle Hände voll zu tun. Die Leute wollten schön sein für Partys am Wochenende, Geburtstagsfeiern, Hochzeiten. Doch im Moment kann ja kaum jemand irgendwo hingehen.“ Dem Abriss des alten Buchhauses gegenüber sieht der Geschäftsmann mit gemischten Gefühlen entgegen. „Das wird eine schwere Zeit.“ Hat er einen Plan B? „Nein. Ich habe zum Glück viele Stammkunden und ich vertraue darauf, dass die Leute bald wieder weggehen und feiern dürfen.“
So optimistisch sind laut IHK bei weitem nicht alle Händler. Laut der Umfrage hat rund die Hälfte der befragten Einzelhändler die Soforthilfe des Landes in Anspruch genommen hat. Fast ebenso viele nutzen das Kurzarbeitergeld. Gleichwohl wünscht sich über ein Drittel der Befragten weitere Unterstützung. „Das neue Sonderprogramm des Landes Nordrhein-Westfalen kommt zur richtigen Zeit“, sagt IHK-Handelsexperte Sven Schulte.
Aida Dervishi hat ihr Ladenlokal an der Elisabethstraße gegenüber der „Pradus“-Klinik gefunden. „Ich habe es gesehen und wusste, das ist es.“ Das ist erst wenige Wochen her. Ihre Familie hat in den vergangenen 25 Jahren in Albanien mit „Luxeal Professional“ ein Unternehmen für Kosmetik- und Friseurbedarf aufgebaut. „Das ist unsere erste Niederlassung in Deutschland“, sagt sie. „Wir haben sehr viele Kunden hier. Da lag es einfach auf der Hand, ein Geschäft aufzumachen.“ Seit zwei Jahren lebt sie in Düsseldorf. „Ich mag die Stadt und die Menschen hier“, sagt sie. Ihre Kunden? „Wir haben natürlich viele Friseure und Barber-Shop-Inhaber, die bei uns einkaufen. Aber wir möchten auch Privatkunden gewinnen, die Profi-Produkte wollen.“ Sorgen, dass sich ihr Angebot nicht halten kann, hat Aida Dervishi nicht. Auch sie setzt auf Stammkunden und weiß um das Potenzial des Online-Handels. „Wir können im Falle eines weiteren Lockdown zum Glück unsere Waren auch über das Internet verkaufen.“
Wie im Handel, so sind auch in der Gastronomie die Sorgen groß. Der Hotel- und Gaststättenverband fürchtet, dass ein Drittel der Kneipen und Restaurants pleite gehen könnte. In Düsseldorf helfe vor allem, dass es im Freien nun mehr Plätze gebe und besetzt werden könnten.
Kadir Akin hat passenderweise eine Terrasse im Hinterhof. Er wollte nach seinem BWL-Studium etwas Praktisches machen. „Ich habe mich einfach nicht im Büro gesehen“, sagt der 24-Jährige. Seine Familie besitzt mehrere Restaurants, und da lag es nahe, es selbst in dieser Branche zu versuchen. „Zum Glück geben uns viele „Lupo“-Stammkunden eine Chance, aber wir müssen schon Überzeugungsarbeit leisten.“ Rund 180 Quadratmeter mit 80 Plätzen, die er noch nicht einmal zu einem Drittel besetzen darf, gehen an die Substanz. Derzeit arbeitet der Düsseldorfer mit zwei Festangestellten und sieben Servicekräften auf Minijobber-Basis. „Wir können praktisch nicht planen. Mal kommen zehn Gäste, dann über den Tag verteilt Hundert oder nur drei, das muss zwangsläufig auf die Qualität gehen. Ich hoffe einfach darauf, dass wir keine zweite Welle bekommen und uns auch das Wetter weiter gewogen bleibt.“