In Düsseldorf Wie Mieter am Kennedydamm in einem Abbruchhaus leben
Düsseldorf · Schon zweimal hat der Eigentümer gewechselt. Die Bewohner leben seit Jahren auf einer Baustelle.
20 Parteien haben bis zum März vor zwei Jahren in den beiden Häusern am Kennedydamm gelebt. Doch nach dem Eigentümerwechsel sei nichts mehr wie vorher gewesen, sind sich die letzten Bewohner einig. Es kamen nicht nur Mieterhöhungen, sie leben seitdem auf einer Baustelle mit unerträglichen Zuständen. Nur noch sieben Parteien sind inzwischen übrig geblieben, alle anderen Mieter haben aufgegeben. Für Johannes Dörrenbächer vom Bündnis für bezahlbaren Wohnraum ein Präzedenzfall für die Entmietung von preiswertem Wohnraum. Inzwischen haben sich die Mieter zusammengeschlossen, um gemeinsam für den Erhalt ihrer Wohnungen zu kämpfen. Jetzt hat der Eigentümer erneut gewechselt.
Im März 2018 wurden die beiden Häuser an eine Vermögensverwaltungsgesellschaft verkauft. Bereits im Juli gab es Mieterhöhungen. Für Jo Volkwein bedeutete das Mehrkosten von 125 Euro im Monat. Bei anderen Parteien wurde die Miete bis zur 15-Prozent-Grenze angehoben. Das bedeutete für eine Wohnung von 51,50 Quadratmetern eine Erhöhung von 315 Euro auf 362,25 Euro. Das sei aber erst der Anfang gewesen.
Kurz danach habe der neue Besitzer angekündigt, die Miet- in Eigentumswohnungen verwandeln zu wollen. Dazu sei mit dem Bau einer Musterwohnung begonnen worden. „Seitdem waren Lärm und Dreck nicht mehr zu ertragen“, berichtet Jo Volkwein. Auch der Türöffner habe plötzlich nicht mehr funktioniert und sei bis heute nicht repariert worden.
Im Juli vergangenen Jahres dann der Schock. Alle Mieter bekamen eine Kündigung, weil die Häuser angeblich abgerissen werden sollten. Begründung: Das städtische Bauamt habe den geplanten Umbau nicht genehmigt. Darum habe man eine neue Planung erstellen lassen, die den Abriss der Gebäude vorsieht. Wie die Mieter erklären, sei die Musterwohnung aber weiter renoviert worden.
Nachdem zahlreiche Parteien das Haus verlassen hatten, sei im September 2019 dann mit Entkernungsarbeiten begonnen worden. Seitdem sei es nicht mehr auszuhalten. „In meiner Wohnung ist die Decke plötzlich durchgebrochen. Das Loch ist immer noch da“, berichtet Ali Tas, der inzwischen in seinem Büro übernachtet, wenn er ruhig schlafen will. Maria Alvarez-Palafox, die an der Robert-Schumann-Hochschule studiert, traute ihren Augen nicht, als sie von einem zweiwöchigen Aufenthalt in Korea zurück kam: „Auf meinem Flügel war eine dicke Staubschicht.“
Im Januar kam es dann zu einem Polizeieinsatz. „An einem Sonntagvormittag haben plötzlich vier Bauarbeiter mit Brechstangen an meiner Wohnungstür geklingelt, die offensichtlich angetrunken waren“, berichtet Jo Volkwein, die sich durch die Männer bedroht fühlte. Ein anderer Mieter rief sogar die Polizei, als das Quartett damit begann, die Türen der Wohnungen zu zerstören, in denen sich keine Mieter mehr befanden.
Kurz danach gab es Post von der Vermögensgesellschaft, die mitteilte, dass die Häuser an einen anderen Besitzer verkauft worden sind. Das soll nach WZ-Informationen bereits im Sommer 2019 stattgefunden haben. „Wir möchten uns klar von jeglichen Ereignissen distanzieren, die am Wochenende vorgefallen sind“, hieß es darin. Eine weitere Stellungnahme wollte das Unternehmen nicht abgeben.
Nun warten die Mieter auf eine Nachricht des neuen Eigentümers. Sie wissen nicht einmal, ob die ausgesprochenen Kündigungen noch gelten. „Mich bringt hier keiner raus“, spricht Olaf Fraellinger nicht nur für sich. Die verbliebenen sieben Mieter haben nun sogar die zuständige Bezirksvertetrung 1 (Mitte) eingeschaltet und hoffen auf Unterstützung durch die Politik. Eine Antwort steht noch aus.