Wohnen im Hafen: Hafenbetriebe verklagen Stadt

Die Industriefirmen im Hafen befüchten ihre Verdrängung. Die FDP bringt das Thema in den Rat.

Düsseldorf. Der Konflikt zwischen den Firmen des Gewerbe- sowie des Medienhafens spitzt sich zu. Das Vorentwurfsverfahren für Wohnungen auf der Speditionstraße steht vor dem Abschluss. Ernst Lamers, Inhaber der Fortin Mühlenwerke und Chef des Hafenvereins, kündigt an: "Wir werden mit allen rechtlichen Mitteln versuchen, diese Pläne zu Fall zu bringen."

Die Stadt hat den Firmen mehrfach zugesichert, sie hätten Bestandsschutz. Sie fühlen sich dennoch in ihrer Existenz bedroht. Die Umwandlung des Wirtschaftshafens vom Industrie- ins Mischgebiet löst in ihren Augen einen Verdrängungsprozess aus.

"Auf der Speditionstraße mag Wohnen noch gehen, auf der Kesselstraße ist es nicht mehr akzeptabel", sagt Lamers beim Ortstermin mit FDP-Politikern. Der findet mit Fraktionschefin Marie-Agnes Strack-Zimmermann und dem EU-Parlamentarier Alexander Alvaro sogar auf dem Dach der Fortin-Werke an der Fringsstraße statt. "Bis zur Kesselstraße sind es Luftlinie nur etwas mehr als 200 Meter", sagt der 64-Jährige und prognostiziert Rechtsstreit mit den zukünftigen Nachbarn. "Die Konflikte sind programmiert."

Die Mühlen - neben Fortin sind es Muskator und Deuka - laufen rund um die Uhr, und auch wenn sie alle Grenzwerte bei Lärm und Staub einhalten, dürften sich die neuen Hafenbewohner daran stören und klagen. "Die Stadt überlässt den Wohnungseigentümern die Schmutzarbeit." Wer wird den Pfeifton beim Ausblasen der Silozüge, das Rauschen der Filteranlagen, wer den feinen Staub auf der Terrasse dauerhaft akzeptieren? In Lamers’ Augen noch gravierender: "Das Geruchsgutachten hat klar ergeben, dass Wohnen im Hafen unmöglich ist. Das ist der Stadt bekannt."

Die Klage werden Fortin und Deuka führen. Sie haben Erbpacht-Verträge bis 2037 bzw. 2032. Beide Firmen sind auch insofern Betroffene, als die Stadt sie mit einer Veränderungssperre am Wachstum hindert. Beide wollen erweitern, dürfen aber nicht. Auch ein Biomasse-Kraftwerk, das Fortin mit den Stadtwerken plante, hatte keine Chance.

"Stillstand ist das Schlimmste", sagt der Fortin-Chef, dessen Werk bei den Haferflocken europäischer Marktführer ist. "Großkunden fragen schon, wie sicher wir sind." Lamers hat die Nase voll: "Wenn die Stadt uns hier nicht mehr will, dann soll sie es deutlich sagen."

Die Firmen hätten bewiesen, dass sie keine Blockierer seien. Berger-, Zoll- und einen ersten Teil des Handelshafens habe man aufgegeben. Fortin selbst machte Anfang der achtziger Jahre dem Neubau des Landtages Platz und gab zuletzt an der Speditionstraße ein Erbbaugrundstück auf. "Aber irgendwann ist Schluss," sagt Lamers.

Das findet Strack-Zimmermann auch, zumindest, was die Art des Umgangs miteinander angeht. Die Liberale macht keinen Hehl daraus, dass sie das Wachstum der Firmen für begrenzt hält. "Die Menschen kommen zurück in die Stadt, das Wohnen am Wasser ist attraktiv."

Die Umwandlung des Wirtschaftshafens in den Medienhafen soll an der Speditionstraße ums Wohnen erweitert werden. Eigentumswohnungen der Luxusklasse sollen in den "Königskindern" entstehen. Aber auch an der Kesselstraße sind Wohnungen möglich.

Im Hafenverein sind knapp 40 Unternehmen mit 2500 Mitarbeitern zusammengeschlossen. Die Städt hält die Zahl für überhöht und geht von rund einem Drittel aus. Neben den Mühlen gibt es u.a. den Seifenhersteller Dreco, Metallhändler und die Anlage für Containerumschlag.

Fortin verarbeitet jährlich rund 100 000 Tonnen Getreide, über die Hälfte davon ist Hafer in Spitzenqualität. Aldi und Lidl sind Kunden, aber auch die Hersteller von Schokoriegeln, Müslis und Tierfutter. Ökologisch sinnvoll und preisgünstig, kommt und geht die Ware per Schiff. Die Kosten für eine Umsiedlung beziffert die Firma auf 40 bis 50 Millionen Euro. 1981 machte Fortin bereits dem neuen Landtag Platz.