Diestleistungen Zu viel zu tun, schlechter Lohn: Putzkolonne probt den Aufstand
16.800 Menschen putzen täglich Düsseldorfs Schulen, Büros, Altenheime. Zeitdruck verhindere gründliche Arbeit — das sorgt für Beschwerden an Schulen.
Düsseldorf. Sie machen einen Knochenjob und haben obendrein noch mit einem schlechten Image zu kämpfen: Die 16 800 Reinigungskräfte in Düsseldorf arbeiten in Schulen, Altenheimen, Büros und Fabriken für zehn Euro pro Stunde, als Glas- und Fassadenreiniger haben sie einen Stundenlohn von 13,25 Euro. Sie fordern einen Euro mehr — und mehr Zeit. „Schluss mit dem Turbo-Putzen“, nennt das Mahir Sahin, zuständiger Gewerkschaftssekretär der IG Bau.
Die Arbeitsbedingungen für die Kollegen seien katastrophal. Es geht um Leistungsverdichtung. „Das Reinigen immer größerer Flächen in immer kürzerer Zeit muss ein Ende haben“, sagt Sahin und erklärt: „Ständig werden Kosten für die Reinigung eingespart. Jährlich neue Ausschreibungen führen dazu, dass sich die Reinigungsfirmen im Preis gegenseitig unterbieten, nur um den Auftrag zu bekommen.“ Sahin nennt ein Beispiel: „Wenn für eine Etage bislang 15 Minuten Zeit war, müssen dann plötzlich in der gleichen Zeit zwei Etagen geputzt werden. Seit Jahren klagen die Mitarbeiter in der Gebäudereinigung über eine steigende Arbeitsbelastung.“
Die Leidtragenden dieser Leistungsverdichtung seien auch die Kinder, denn die Sauberkeit in Schulen und Kindergärten lasse oft zu wünschen übrig, wie Antje Schuh, Sprecherin der Elternschaft, bestätigt. Ihr brennt das Thema Sauberkeit an Schulen und in Kindergärten unter den Nägeln, und sie hat gerade mit einer Bestandsaufnahme begonnen. Eine Lohnerhöhung sei zwar sinnvoll, mehr Sauberkeit an Schulen sei dadurch jedoch nicht zu erwarten, weil die Anzahl der Reinigungsstunden sukzessive gekürzt werde, obwohl die Arbeit zunehme. Die nötige Sorgfalt bleibe auf der Strecke.
„Türklinken werden nicht mehr gesäubert, und die Toiletten riechen in vielen Fällen dauerhaft übel. Die Hygiene ist oft mangelhaft, Magen- und Darmerkrankungen gehören zu den Konsequenzen.“ Schulgebäude würden durch Ganztagsbetrieb viel intensiver genutzt. „Eigentlich müssten die Toiletten zweimal täglich gereinigt werden“, sagt Schuh. Es gebe Beispiele von anderen Schulen, an denen das auch getan werde: „Die Hygiene-Bereitschaft jedes einzelnen Schülers steigt, wenn die von ihm genutzte Toilette zuvor sauber war.“ Unerheblich sei dabei, ob die sanitären Anlagen frisch renoviert oder 40 Jahre alt seien: „Die Spirale dreht sich so leider weiter nach unten.“ Und eine Grundreinigung, wie sie es früher in den Ferien gab, finde so auch nicht mehr statt.
Susanne Ritter, stellvertretende Leiterin der Carl-Benz-Realschule in Oberkassel, bestätigt, dass zu wenig geputzt werde: „Wer soll den ganzen Dreck wegmachen? Früher hatten wir fünf, heute nur noch zwei Reinigungskräfte.“ Berthold Pütz von der Justus-von-Liebig-Realschule bemängelt vor allem fehlende Grundreinigungen: „Die müssten mehrfach im Jahr stattfinden.“ Und auch die Qualität der Arbeitskräfte sei sehr unterschiedlich: „Jedes Jahr wechseln die Firmen und immer wieder gibt es dieses Wechselspiel zwischen den Ansprüchen des Hausmeisters und der Arbeit der Reinigungsleute. Es würde uns auch helfen, wenn man mit ihnen deutsch reden könnte.“ Den Toilettenbereich müsse man gesondert betrachten: „Was hilft das ganze Reinigen, wenn es immer wieder Schüler gibt, die mutwillig die Toiletten mit Fäkalien verschmutzen?!“
Die Reinigungskräfte, die OB Thomas Geisel am Montag einen Putzhandschuh überreichten, wollten damit auf laufende Tarifverhandlungen im Gebäudereiniger-Handwerk aufmerksam machen. Die IG Bau will die Beschäftigten aus dem Niedriglohnsegment herausholen und fordert einen Euro pro Stunde mehr sowie Weihnachtsgeld.