Zwei Männer leben ihren Traum aus Vinyl
Wenige Meter entfernt voneinander versuchen es Claus Schulz und Marc Taake an der Ackerstraße mit neuen Plattenläden.
Zwei Männer, ein und derselbe Traum. Kennengelernt haben sich Claus Schulz und Marc Taake bisher noch nicht, dabei hätten sich die beiden sicher eine Menge zu erzählen. Beide sind ausgebrochen aus ihrem langjährigen Alltag. Beide entschieden sich, einen Job an den Nagel zu hängen, der zwar finanzielle Sicherheit, aber immer weniger Freiraum und Freude mit sich brachte. Und beide möchten sich nun ihrer Leidenschaft widmen: der Musik und der Faszination Vinyl. Claus Schulz eröffnete vor einem halben Jahr seinen eigenen Plattenladen, Marc Taake wird das Gleiche am 17. Februar tun. Kurioser Zufall: Beide Geschäfte liegen nur wenige Meter voneinander entfernt in Flingern an der Ackerstraße.
Es ist tatsächlich eine sehr ähnliche Geschichte, die die beiden Männer zu erzählen haben. Claus Schulz war 17 Jahre lang als IT—Experte für große Unternehmen tätig. Im Zuge einer Umstrukturierung entschied sich der heute 46-Jährige, aus dem Job auszuscheiden und statt dessen den Sprung in die Selbstständigkeit zu wagen.
Marc Taake hat lange Jahre Rechenzentren mit Infrastruktur versorgt. Portemonnaie oder Leidenschaft, das sei vor 20 Jahren die Frage bei der Berufswahl gewesen, erzählt der 43-Jährige. „Ich entschied mich für das Portemonnaie.“ Die Leidenschaft für Platten habe ihn aber nie losgelassen, und nun sei es für ihn an der Zeit, endlich auf sein Herz zu hören. „Was gibt es Schöneres, als eine Vinylplatte in der Hand zu halten und die künftig auch noch zu verkaufen?“
Dem würde Claus Schulz sicher zustimmen, denn wie Marc Taake ab Februar im „Beat Retreat“ bietet auch Schulz in seinem „Vinylwerk“ fast ausschließlich Vinylplatten an. Immer mehr Musikliebhaber, Sammler und DJs entdecken die gute alte Langspielplatte wieder für sich, beobachten beide Männer. „Genau genommen war Vinyl nie weg“, sagt Marc Taake. „Es wurde nur eine Zeit lang nicht so wahrgenommen.“
13 000 Platten hat Marc Taake in seinem privaten Archiv, auch Claus Schulz ist seit Jahren passionierter Sammler. Unterschiede gibt es allerdings im Musikgeschmack der beiden Männer. Taake mag Soul, Funk, Hip-Hop und House, Schulz bevorzugt den elektronischen Bereich, von Depeche Mode bis Kraftwerk.
Genau deshalb sehen sich die Männer gegenseitig auch nicht als Konkurrenten an. Beide bieten in ihren Läden jeweils die Musik an, die sie auch selbst gut finden. Die Auswahl ist also ganz unterschiedlich.
Ein Konkurrenzdenken entspreche aber sowieso nicht seiner Intention, sagt Marc Taake. „Wir möchten beide neues Leben in die Landschaft der Plattenläden in der Stadt bringen“, sagt Marc Taake. Davon gebe es in Düsseldorf vergleichsweise wenige, findet er. Eine Alternative zum immer stärker werdenden Onlinehandel zu bieten, das sei ihm wichtig, sagt Claus Schulz. „Wenn die Menschen sich alles liefern lassen und gar nicht mehr vor die Tür gehen, sterben die Städte aus.“
Mit dem Ladenlokal in Flingern habe er einen guten Standort für sein „Vinylwerk“ gefunden, ist Schulz überzeugt. „Die alternative Szene ist hier lebendig. Für mich ist Flingern ein wenig die Mini-Version des Hamburger Schanzenviertels.“
Nach dem ersten halben Jahr zieht Schulz für das „Vinylwerk“ eine vorsichtig positive Bilanz. Zwar trage sich der Betrieb derzeit noch nicht von allein, dank einer Förderung für Gründer sei die Finanzierung aber stabil. „Es muss sich erst einmal herumsprechen, dass es den Laden nun gibt.“ Unterstützung bekam der Neuunternehmer schon von Düsseldorfer Musikern wie etwa Tommi Stumpff oder Stefan Schneider, die bei ihm im Laden vorbeischauten.
Auch Marc Taake möchte im „Beat Retreat“ künftig Musiker und andere Künstler begrüßen. Im Untergeschoss hat er einen Raum, den er für Konzerte und Ausstellungen nutzen möchte.