Hilden „Es ging ganz schnell, es rauschte plötzlich im Keller“

Hilden · 35 Jahre lang hörte Maria Springenberg-Eich nur das Murmeln der Itter. Dann kam die Flut. Sie saß mit ihrem Hund Carlito auf der Treppe und sah das Wasser im Keller steigen: „Da habe ich Angst bekommen.“ Die Unterstützung von Nachbarn und Bekannten hilft ihr, die schwere Zeit durchzustehen.

Maria Springenberg-Esch räumt in ihrem Haus an der Itter nach der Flut auf.

Foto: Köhlen, Stephan (teph)

(cis) Es riecht modrig aus dem Keller. Überall sieht man noch die Reste von dem braunen Schlamm, den die Itter hinterlassen hat. „35 Jahre wohnen wir hier neben der Itter, nie ist etwas passiert“, erzählt Maria Springenberg-Eich gefasst: „Ich habe das Murmeln des Baches immer sehr gemocht.“

Am Mittwochabend, nach heftigem Starkregen, hat sie die Itter plötzlich im Haus. „Es ging ganz schnell. Es rauschte plötzlich im Keller mit aller Macht. Ich habe mit meinem Hund Carlito auf der Treppe gesessen und sah das Wasser steigen. Da habe ich Angst bekommen.“

Sie war allein. Mischling „Karlchen“ habe ihr Kraft gegeben: „Der war aber auch ganz nervös, weil die Schränke im Keller unter der Wucht des Wasser mit Getöse zusammengefallen sind.“

Die 66-Jährige ruft ihre Tochter in Berlin an. „Mama, halt durch. Wir kommen!“ Tochter und Schwiegersohn lassen alles stehen und liegen, springen in den Zug und sind morgens um 3 Uhr in Hilden.

Wie gut Beistand in so einer Ausnahmesituation tut, weiß jeder, der schon einmal Ähnliches selbst erlebt hat. Nachbarn sind da und bieten ihre Hilfe an. Sie haben eine Pumpe – und legen den vollgelaufenen Keller wieder trocken. „Ich bin für diese große Hilfe sehr dankbar“, sagt Maria Springenberg-Eich.

Als die Feuerwehr klingelt, ist das Wasser schon wieder draußen. „Da habe ich den Männer noch schnell einen Kaffee gekocht – wo sie doch schon mal da waren.“ Auch im größten Unglück hat die studierte Wirtschaftswissenschaftlerin ihren Sinn fürs Praktische nicht verloren.

Am nächsten Tag wird das Ausmaß erst so richtig sichtbar. 1,5 Meter hoch stand das Wasser im Keller. Waschmaschine, Trockner, Heizung – alles kaputt. Duschen geht nur noch kalt.

Aber die Wohnung ist wenigstens trocken geblieben. Und Strom gibt es dort auch.

Der vollgelaufene Keller
muss ausgeräumt werden

Kein Vergleich zu dem, was gerade andere Menschen an der Ahr oder in der Eifel mitmachen müssen. Der vollgelaufene Keller muss ausgeräumt werden. Sie überlegt lange, ob sie um Unterstützung bitten soll. „Ich brauche doch Hilfe“, schreibt sie in ihrer App-Gruppe. Und ist über die Resonanz tief gerührt: „Halt durch, wir kommen!“ Und schon stehen zehn junge Leute der SPD vor der Tür und packen an. „Ich kann heute nicht so lange“, winkt Sarah Maria zu, ehe sie im Keller verschwindet: „Aber ein Stündchen geht schon.“ „Danke“, sagt Maria: „Danke, Sarah. Was für eine riesengroße Solidarität.“ Einander beistehen, zusammenstehen: Das ist eine schöne, eine wunderbare Erfahrung, die vielen hilft, diese schwere Zeit durchzustehen.

Denn vieles von dem, was die Flut in Sperrmüll verwandelt hat, sind Erinnerungsstücke. Sie waren im Keller gelandet, weil man sich nicht von ihnen trennen wollte oder konnte. So wie das Babybett, in dem die Tochter lag. Maria Springenberg-Eich tut es richtig weh, es wegzuwerfen. Oder der schöne Ohrensessel. „Jetzt ist er nicht mehr schön“, sagt sie. Sie ringt noch mit sich. Bei einer Statue muss sie nicht lange überlegen: „Die hat Ernesto Cardinal meinem verstorbenen Mann geschenkt. Die ist zwar kaputt, aber die behalte ich.“

Am Montag kommt ein Entrümpler. „Der schaut sich an, was er noch gebrauchen kann. Der Rest kommt auf den Sperrmüll.“ Es fühlt sich an, als wenn man einen Teil seines Lebens entsorgt. Maria Springenberg-Eich ist in Hilden aufgewachsen, hat dann lange in Köln gelebt und ist dann wieder nach Hilden zurückgekehrt. Ihr charmantes Haus ist eine grüne Insel mitten im Häusermeer. Den Garten hat der bekannte Hildener Designer Peter Janke angelegt. Jetzt ist er voller Schlamm, defekter Elektro-Geräte, ruinierter Bilder, Kleinmöbel, nasser Bücher.

Man sieht der 66-Jährigen an, dass ihr immer wieder das Herz schwer wird. „Aufgeben ist nur für Feiglinge“, sagt sie leise.