NRW Die große Hilfswelle nach der Flut und eine erste Bilanz
Hilden · Fast 500 Einsätze hat die Feuerwehr abgearbeitet. Während das THW die Tiefgarage am Nove-Mesto-Platz auspumpt, hilft die Hildener Wehr bereits in anderen Städten aus. Die Stadt unterstützt Hildener Verbände bei ihren Angeboten.
(tobi) 20 Minuten – so lange hat es am Freitagnachmittag gedauert, bis die ersten Hildener Feuerwehreinheiten nach Leichlingen geschickt worden sind. Deren Chef Hans-Peter Kremer hatte die Feuerwehr in Hilden „frei“ gemeldet, um in anderen Kommunen zu helfen. „In Hilden haben wir nur noch kleine Einsätze“, erklärt er. „Es ist für uns eine Selbstverständlichkeit, anderen Städten zu helfen.“ Von dieser überörtlichen Hilfe haben die Hildener Einsatzkräfte in den vergangenen Tagen auch schon profitiert, als Einheiten vom Niederrhein und aus dem Münsterland Hildener Keller leergepumpt haben. Am Freitag haben Bürgermeister Claus Pommer, der Erste Beigeordnete Sönke Eichner und Feuerwehrchef Hans-Peter Kremer eine Bilanz des Unwetters gezogen und auch in die Zukunft geblickt.
Einsätze
483 Mal ist die Feuerwehr seit Mittwochnacht, 1 Uhr, ausgerückt. In rund 50 Prozent der Fälle konnten die Einsatzkräfte nur bedingt helfen, da das Wasser nicht hoch genug für die Saugpumpen der Feuerwehr stand oder weil das herausgepumpte Wasser durch die Kanalisation und die Hausanschlüsse im Keller wieder zurücklief. „Das war für viele Menschen extrem frustrierend – aber da half nur: Nerven behalten und abwarten“, sagt Kremer. Schwerpunkte waren in der ersten Nacht der Bereich im Norden rund um den Hoxbach. „Als wir am Donnerstagabend mit fast allen Einsätzen fertig waren und die ersten Kollegen nach Hause schicken wollten, wurde der Regen wieder stärker“, sagt Kremer. In der zweiten Nacht war vor allem die Altstadt rund um die Schwanenstraße und erneut der Bereich Schalbruch/Meide am stärksten betroffen. „Einige Kollegen haben fünf Stunden ein Gebäude leergepumpt und sind zwei Stunden wieder zu demselben Haus ausgerückt, weil das Wasser wieder im Keller stand.“ Der letzte große Schwerpunkt liegt auf dem Nove-Mesto-Platz. Dort pumpt das Technische Hilfswerk seit Freitag jede Minute 22 000 Liter aus der Tiefgarage. Um die rund zwei Millionen Liter Wasser komplett abzupumpen, brauchen die Einsatzkräfte rund 40 Stunden. Am Sonntag dürfte es also soweit sein. Dann erst können die Stadtwerke die Stromleitungen prüfen und instandsetzen.
Ärger
Einige Hildener zeigten laut Hans-Peter Kremer wenig Verständnis dafür, dass sie so lange auf die Einsatzkräfte warten mussten. „Das war erschreckend“, sagt er. Bürgermeister Claus Pommer, der seinen Urlaub abgebrochen hatte und am Freitag wieder in Hilden angekommen war, bittet die Bürger um Nachsicht: „Bei allem Verständnis für die private Notlage: Die Feuerwehr kann nicht überall zugleich sein.“ Der überwiegende Großteil der Menschen aber zeigte sich laut Kremer dankbar. „Viele haben unsere Einsatzkräfte mit Essen und Kaffee versorgt, teilweise sogar Tische und Stühle aufgestellt“, sagt der Feuerwehrchef. Das sei auch den Feuerwehreinheiten aus den anderen Städte extrem positiv aufgefallen. Der Hildener Feuerwehrchef zeigte sich von der nachbarschaftlichen Hilfe beeindruckt: „Wenn jemand seinen Keller leergepumpt hatte, hat er ihn nicht gleich aufgeräumt, sondern den Keller seines Nachbarn ausgepumpt – das ist toll“, sagt er.
Zukunft
2012 hat der Stadtrat ein Abwasserbeseitigungskonzept beschlossen. Es sieht Investitionen von geschätzt rund 57,5 Millionen Euro vor. Trotzdem sollen die Abwassergebühren nur moderat steigen, hat die Verwaltung versprochen. Einige Projekte sind bereits umgesetzt worden – aktuell befinden sich die Maßnahmen an der Kirchhofstraße und am Lindenplatz auf der Zielgeraden. Die Durchmesser der Kanäle werden dabei in der Regel vergrößert, um auch für Starkregenereignisse gerüstet zu sein. „Aber Wassermengen wie diese können auch die neuen Kanäle nicht bewältigen“, sagt Hildens Bürgermeister Claus Pommer. Und Hans-Peter Kremer ergänzt: „Wir haben mit viel Regen gerechnet, allerdings über einen längeren Zeitraum“, erklärt er. „Es kam dann jedoch deutlich schneller.“ Und das sei überhaupt nicht vorhersehbar gewesen. Irgendwann hätten die Schleusen der Itter geöffnet werden müssen, um nicht ganze Ortschaften zu verlieren. „Auf solch eine Naturkatastrophe konnten wir uns nicht vorbereiten“, sagt Claus Pommer. Und ergänzt: „Wir werden die Situation aber noch einmal gemeinsam analysieren.“
Hilfe
Im Internet bieten Hildener anderen Hildenern seit Mittwochnacht unbürokratisch Hilfe an: Sie helfen beim Abpumpen, stellen Essen zur Verfügung, räumen mit auf, bieten Übernachtungsmöglichkeiten oder Kleidung an. In Facebook-Gruppen wie „Du kommst aus Hilden, wenn...“ werden die Angebote koordiniert. Die Stadt plant eine zentrale Hilfsbörse zunächst nicht an. „Wir möchten erst einmal den Bedarf ermitteln“, sagt der Erste Beigeordnete Sönke Eichner. In der kommenden Woche suche die Stadt den Kontakt beispielsweise zur Nachbarschaftshilfe, zum Rotary- und zum Lions Club. Der SKFM betreibe eine Kleiderkammer, es gibt ein städtisches Möbellager mit gut erhaltenen Stücken, an das sich Betroffene wenden können. „Wir möchten vorhandene Strukturen nutzen und sie bei ihrer Hilfe unterstützen“, sagt Claus Pommer. Die Stadt sammelt darüber hinaus Ideen, wie am besten geholfen werden kann. Das Ziel sei am Ende, allen zu helfen, die Hilfe benötigen.