Im NRW-Landtag wird eine Sonderbriefmarke zu „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“ präsentiert Eine Marke jüdischen Lebens
DÜSSELDORF. · Sylvia Löhrmann hatte diesen Donnerstag seit dem vergangenen Oktober geplant. Am Ende war die frühere NRW-Bildungsministerin (Grüne) „erleichtert“: In ihrer gegenwärtigen Rolle als Generalsekretärin des Vereins „321–2021: 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“ brachte Löhrmann im NRW-Landtag in Düsseldorf eine neue Sonderbriefmarke auf den Weg.
Eine Marke mit Bedeutsamkeit: „Chai – Auf das Leben!“ – dieser Ausspruch ziert in hebräischen Schriftzeichen die Marke, die im laufenden Jubiläumsjahr „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“ ein Symbol sein soll.
Gestaltet hat die 80-Cent-Marke und den Ersttagsstempel der Kölner Designer Detlef Behr. Der habe „Ziele und Wünsche nach Weiterentwicklung der Erinnerungsarbeit Ausdruck gegeben“, sagte Löhrmann im Landtag. Und zu den potenziellen Käufern der Marke: „Senden Sie das kleinste Werbeplakat in alle Welt und tragen so zum Erfolg des Festjahres bei!“ Es schien der Solingerin ein Herzensanliegen. Die Marke ist in den Verkaufsstellen der Deutschen Post erhältlich.
„Chai“ lässt sich mit „Leben“ und „Lebensfreude“ übersetzen. Felix Klein, Beauftragter der Bundesregierung für jüdisches Leben, erklärte jüdisches Leben als Teil in einem Land der Vielfalt. Es gebe immer mehr „jüdische“ Angebote für junge Leute, vom Essen bishin zur Party. „Junge Leute sind sehr aufgeschlossen und neugierig“, sagte Klein, der den schmalen Grat jüdischen Lebens zwischen deutscher Normalität und bleibender Besonderheit aufgriff. Die andere Seite: Straftaten gegen Juden müssten angezeigt werden. „Wir müssen die Schande sichtbar machen. Nur so bekommen Täter Gegendruck.
Zum Hintergrund des Festjahrs: Das Jubiläum bezieht sich auf das Jahr 321. Damals erließ der römische Kaiser Konstantin ein Dekret, das es Juden ermöglichte, in Ämter der Kurie und der Stadtverwaltung berufen werden zu können. Das Dokument gilt als ältester Beleg jüdischen Lebens auf dem Gebiet des heutigen Deutschlands.
Mit Bettina Hagedorn überreichte die Staatssekretärin des Bundesfinanzministeriums in Vertreteung für Finanzminister Olaf Scholz (SPD) die Marke digital aus Berlin. Sie erinnerte an die Geschichte des Judentums in Deutschland und eine große Zahl von Künstlern und Persönlichkeiten, die als Juden deutsche Gesellschaft mitgeprägt hätten: Heinrich Heine, Franz Kafka, Stefan Zweig oder Kurt Tucholsky als Schriftsteller. Auch Paul Ehrlich, Albert Einstein, Sigmund Freud, Victor Klemperer Erich Fromm, Kurt Weil, Felix Mendelsohn-Barthold – oder Karl Marx. Heute leben rund 95 000 Menschen der jüdischen Gemeinde in Deutschland, etwa 26 000 davon in NRW.