Bauern in Sorge Einreisestopp gefährdet Ernte in NRW

Düsseldorf · Die Bauern in Nordrhein-Westfalen sind in Sorge. Trotz Freiwilliger sind sie auf Unterstützung aus dem Ausland angewiesen.

Auf den deutschen Spargelfeldern fehlen massiv Erntehelfer, beklagen Bauern.

Foto: dpa/Andreas Arnold

Die Ernte wartet nicht. Deshalb schauen die Landwirte in Nordrhein-Westfalen genauso wie im Rest der Republik der anstehenden Erntezeit mit großer Sorge entgegen. Denn die Saisonarbeiter, die zum überwiegenden Teil aus dem osteuropäischen Ausland kommen, dürfen aktuell nicht einreisen. In vielen Bundesländern wurden deshalb bereits Freiwilligenportale geschaltet, auf denen sich Menschen zum Ernten anmelden können. Ob das die Ernte retten wird, ist fraglich. „Bis Juli brauchen wir in Nordrhein-Westfalen 80000 Erntehelfer. So viele Freiwillige werden wir nicht finden“, sagte Peter Muß, stellvertretender Geschäftsführer des Provinzialverbands rheinischer Obst- und Gemüsebauern. Der anstehende Arbeitskräftemangel beeinflusst schon jetzt die Arbeit der Landwirte, und damit auch die Versorgung der Bevölkerung. „Die Bauern fragen sich, ob sie noch pflanzen sollen oder nicht“ sagt Muß. Im Moment könne niemand planen. „Wir hoffen, dass die Grenzen für systemrelevante Arbeiter geöffnet werden“, meinte Muß.

Laut Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner sind die ausländischen Erntehelfer ebenso wie die Landwirte systemrelevant. „Wir werden auf Saisonarbeiter nicht verzichten können“, sagte sie am Mittwoch im „ARD-Morgenmagazin“. Die Landwirte seien in großer Not. Es ginge jetzt darum, den Zielkonflikt zwischen Infektionsschutz und Erntesicherung zu lösen. „Wir müssen eine Lösung finden, wir können die Bauern hier nicht hängenlassen“, betonte die CDU-Politikerin. Nur Erntehelfer aus Deutschland einzusetzen, reiche nicht aus.

Freiwillige müssen fit sein und Durchhaltevermögen haben

Zumal auch nur ein Teil der Personen, die sich bereits zum Ernteeinsatz gemeldet haben, wirklich einsatzfähig sind. So werden Erdbeeren und Spargel beispielsweise in gebückter Haltung geerntet. Mit einem Bandscheibenvorfall ist das nicht zu bewerkstelligen. Wolfgang Wappenschmidt vom rheinischen Landwirtschaftsverband sieht noch weitere Probleme: „Es sind viele Kurzarbeiter dabei, wenn der Arbeitgeber ruft, sind die Kräfte wieder weg.“ Somit hingen die Bauern zwar „in der Luft“, würden aber „jeden Strohhalm greifen“, um die Ernte einzuholen. „Es geht ja nicht nur darum, die Leute aufs Feld zu bringen, sondern auch darum, keine neuen Infektionsherde zu schaffen.“

Diese Bedenken teilt Anne Küthen. Sie hat einen Erdbeer- und Spargelhof in Kempen. „Arbeitskräfte aus der Umgebung haben natürlich jeden Tag soziale Kontakte. Unsere Saisonarbeiter wohnen bei uns auf dem Hof, wir versorgen sie mit allem. Da ist die Gefahr relativ gering, sich anzustecken. “ Drei Viertel ihrer 22 polnischen Saisonarbeiter sind angereist. „Die anderen haben teilweise Ängste oder haben ihre Kinder zu Hause“, sagte Küthen. Dennoch will sie keine Einbußen in Kauf nehmen. „Wir wollen schon alles abernten“, formuliert sie das Ziel. Aushilfen hätten sich schon genug beworben. Kurzarbeiter würden jedoch die Arbeit nicht vereinfachen: „Wenn die Leute in Kurzarbeit sind, dürfen sie nur wenig dazuverdienen, sodass sie nur ein oder zwei Tage auf dem Hof arbeiten könnten. Dann bräuchten wir drei Mitarbeiter für einen“, schilderte sie die Problematik.

Einige Höfe haben bereits mit der Rhabarbar- und Spargelernte begonnen. „Richtig los geht es in ein bis zwei Wochen, wenn es wärmer wird“, sagte Wolfgang Wappenschmidt. Welche Bestimmungen dann gelten, weiß niemand. Doch selbst wenn die Einreisebestimmungen gelockert würden, hängt es auch von den Erntehelfer selbst ab. „Die Bereitschaft nach Deutschland zu kommen, ist natürlich nicht so groß wie sonst.“

Die Situation wird auch Auswirkungen auf die Konsumenten haben. Dem deutschen Bauernverband zufolge könnten manche Obst- und Gemüsesorten knapp zu werden. „Es kann durchaus bei verschiedenen Kulturen im Obst- und Gemüsebereich zu Versorgungslücken kommen“, sagt der Verbandspräsident Joachim Rukwied. „Diese Verknappung wird auch Auswirkungen auf den Preis haben.“