Krefeld Kunstmuseen zeigen Ausstellung bei Youtube

Die Foto-Schau des israelischen Künstlers Sharon Ya’ari musste wie andere geschlossen werden. Nun gibt es trotzdem Einblicke.

Die Leiterin der NS-Dokumentationsstelle, Sandra Franz (l.), und Kuratorin Magdalena Holzhey führen durch das erste Youtube-Video.

Foto: Screenshot WZ

In Zeiten der Corona-Krise wird überall nach alternativen Wegen gesucht, vieles konzentriert sich auf das Internet. Wie das für Kulturinstitutionen funktionieren kann, hat zum Beispiel das Theater mit einer Premieren-Übertragung gezeigt. Nun ziehen die Kunstmuseen Krefeld nach. Eine Woche nach der Eröffnung musste die Ausstellung „The Romantic Trail and the Concrete House“ des israelischen Fotografen Sharon Ya’ari schließen. Nun sollen in zeitlichen Abständen Video-Clips bei Youtube veröffentlicht werden, die zusammen eine Art virtuelle Tour durch die im Haus Esters installierte Schau ergeben.

Den Auftakt zu dieser Schau gibt es bereits auf der Internetseite der Kunstmuseen zu sehen. Ein Einblick: Kuratorin Magdalena Holzhey und Sandra Franz, Leiterin der NS-Dokumentationsstelle der Stadt Krefeld und Historikerin sind vor einer großen Schwarz-Weiß-Fotografie des Künstlers zu sehen. Franz links, Holzhey rechts, in der Mitte die Kunst - der Mindestabstand wird auch hier gewahrt. Die Idee einer „Dialog-Doppelführung“ aus künstlerischer (Holzhey) und gesellschaftlicher (Franz) Sicht habe es bereits vor der Corona-Lage gegeben - da das aber nun nicht vor Publikum möglich sei, gebe es die Führung nun aufgeteilt auf mehrere Videos, erklärt Magdalena Holzhey. Dazu gibt es ein paar Infos zum Künstler: Der Fotograf Sharon Ya’ari sei in Israel „ziemlich bekannt“, habe bisher noch nie in Deutschland ausgestellt – es sei also die allererste Einzelausstellung hierzulande. Ab Minute 2:40 geht es um das Kunstwerk. Auf einer Schwarz-Weiß-Fotografie ist auf den ersten Blick ein länglicher Gebäudeabschnitt mit klaren Linien und Kanten zu sehen.

Das Werk könne programmatisch für die Ausstellung stehen, erklärt Holzhey weiter. Wie viele Künstler vor ihm habe Sharon Ya’ari die Ausstellung für den Ort der Bauhaus-„Doppelvillen“ Ludwig Mies van der Rohes, Haus Esters und Haus Lange, entwickelt. Immer wieder hätten sich Künstler mit der „visionären Moderne“ dieser Architektur auseinandergesetzt. Sharon Ya’ari schaffe das in „besonderer Art und Weise“, weil er aus einem Land komme, in dem die moderne Architektur eine „gesellschaftsbildende Rolle“ spiele. Eine Diskussion um einen Staat Israel sei im Zuge des Nationalsozialismus deutlich aufgeflammt, die Debatte habe es aber schon vorher gegeben, erklärt Sandra Franz. Viele Menschen, die in der Moderne verankert seien, hätten Visionen von einem modernen Staat gehabt und diese in den 1930er oder -40er Jahren oder nach dem Krieg mit nach Palästina beziehungsweise Israel genommen. Das werde auch in der Architektur deutlich. Auch wenn Tel Aviv als Bauhausstadt in vielen Köpfen verankert sei, sei das nicht wirklich korrekt. Es gebe zwar Bauhaus-Einflüsse, die seien aber „modifiziert“ worden - etwa angepasst an das Klima. Bei dem Gebäude auf dem Foto sei interessant, dass es in dem Zeitraum enstand, in denen auch die Häuser Lange und Esters entstanden, Ende der 1920er Jahre - Magdalena Holzhey nennt das einen „Transfer der modernen Architektur“. Das Gebäude sei von Richard Kaufmann geplant worden, ein Architekt aus Deutschland, der nach Palästina ausgewandert war. Das Gebäude auf dem Foto sei als Kulturzentrum geplant, 1928 bis 1930 entstanden. Typisch für die Arbeit des Fotografen Sharon Ya’ari sei es, dass er durch Israel reist, um Orte aufzusuchen, die beginnen, ihn zu interessieren. Da gehe es dann aber eher um „Alltagsmomente“, so Magdalena Holzhey. Sandra Franz erklärt, dass sie mit dem Gebäude die Idee einer ländlichen Kibbuz-Gemeinschaft assoziiere, wo Jung und Alt zusammenwohnen und für die Gemeinschaft gearbeitet wird. Heute feiere diese Idee im Kontrast zu einer wirtschaftlich geprägten Gesellschaft Israels eine Renaissance im Sinne vom Zusammenhalt in einer Vorstadtsiedlung. Das Gebäude ist für unterschiedliche Zwecke genutzt worden, erklärt Magdalena Holzhey: Es sei Kulturzentrum gewesen, aber auch als Kino oder Militärlager genutzt worden. Nun sei es vermauert wie ein Bunker. 

Sharon Ya’ari habe das Gebäude fotografiert, weil ihn die „Spuren von Leben“ – der Spielplatz oder die Sonnenschirme, die durch die Grautöne wie Beton erscheinen – „so sehr interessieren“, so Holzhey. Sie seien seltsam und scheinen nicht zusammen zu passen, würden aber die unterschiedlichen Nutzungen widerspiegeln. Spuren, die laut Holzhey „wie eine Zeitkapsel“ für die Geschichte des Ortes und „stellvertretend“ für die einer Gesellschaft wirken können.