Fatoni im zakk Die beste Ü30-Party aller Zeiten

Düsseldorf · Wer dem Sprechgesang von Anton Schneider alias Fatoni zugetan ist, ist im Mittel mittelalt, mittelschön, mittelklug und mittelglücklich und stammt aus der mittleren Mittelschicht. Im Vergleich zum Publikum anderer Rapper ist seins ein wenig weiblicher, hat viel weniger Migrationshintergrund und sehr viel weniger Interesse an Fußball: Vom FC Bayern aus der Geburtsstadt des „Gegenentwurfs zum Pöbelrapper“ („Süddeutsche Zeitung“) wissen die meisten im Zakk nur das Entscheidende – dass er einem eigentlich nie den Gefallen tut, zur Abwechslung auch mal zu verlieren.

Ex-Erzieher, Schauspieler, Rapper: Anton Schneider alias Fatoni.

Foto: Silke Lapina

Das Konzert am Mittwochabend beginnt nur eine Viertelstunde später als das Pokalspiel, aber, wie gesagt, Fußballerisches ficht Fatoni-Fans nicht an.

Zumal an diesem Abend. „Es ist ne Scheiß-Zeit“, sagt er, und: „Mir geht es nicht so gut“. Aber Fatoni ist Vollprofi, ausgebildeter Schauspieler mit Ambitionen auf einen Job als „Tatort“-Kommissar, und erzwingt eine gute Zeit zumindest für das Publikum. Im mittelgut gefüllten Zakk schmeißt er die vielleicht beste Ü30-Party aller Zeiten.

Das ist ausdrücklich als Lob gemeint; Schneider ist nun mal 38 Jahre alt und seine Fans sind mit ihm erwachsen geworden. Um mit ihm selbst zu sprechen: Morgen fühlen sie sich vielleicht wie Didi Hallervorden, aber hier und jetzt eher wie Michael Jordan. Seine Themen sind auch ihre. Entsprechend gefeiert wird das gediegene Titelstück seiner siebten und aktuellen Platte „Wunderbare Welt“ gefeiert, in dem es heißt: „So viel passiert auf dieser wunderbaren Welt / Ich bekomm‘ gar nicht alles mit / So viel zu dem man eine Meinung haben kann / Aber ich möchte lieber nicht.“

Erst recht gilt das für das mahnende „Du wartest“: „Du weißt nicht was es ist, aber dass du was vermisst / Das Ende kommt am Ende vielleicht viel schneller als erwartet / Eines Tages bist du tot und hast dein Leben lang gewartet“, das hypnotische „Alles zieht vorbei“ sowie das bezaubernde Trennungslied „Danke, dass du mich verlassen hast“.

Fatoni ist ein ausdauernder Arbeiter im Wortspiel-Weinberg des Herrn, ein Collagen-Kunstschmied, inspiriert von Alfred Jodokus Kwak, Bartleby und Bud Spencer, Julia und Romeo, Hachiko und Oneo. Und natürlich weiß er sehr genau, welche Songs bei all ihren Qualitäten zu speziell sind für die Bühne, etwa jene über den Semmelweisreflex oder den vergessenen Beatles-Drummer Pete Best. So gibt’s vor und nach einer Akustikgitarren-Einlage mehr Pogo als Poesie, druckvoll im Deichkind-Stil geht es zur Sache bei „Fröhlich“ und „Links Rechts“. Und dem unpeinlichen Anti-Drogen-Song „Alle ziehen“ („Wir reden so dumm aneinander vorbei in so schöner Euphorie / Und irgendjemand führt irgendwo genau deswegen einen Krieg“). Und dem schön bescheuerten „Kann nicht reden ich esse“.

Die anwesenden Damen lädt Fatoni („Ich bin kein Sexist, ich mansplaine auch Männer“) noch einmal zu einem männerfreien Extra-Pogo, zum Schluss singen alle selig und nur ein bisschen selbstironisch „Mir geht es so gut wie noch nie-hie-hie, mit dem Taxi in die Therapie-hie-hie“. Als Fatoni, sein DJ V Raeter sowie ihr wirkungsvoller Drummer nach rund 90 Minuten von der Bühne gehen (die Babysitter danken), tun sie das zu Louis Armstrongs „What a Wonderful World“. Und als man draußen in Kleinwagen und Minivans klettert, innerlich schon wieder vorbereitet auf den meteorologischen Früh- und weltpolitischen Spätherbst, kassieren wenigstens die Bayern doch tatsächlich in allerletzter Sekunde das 1:2 in Saarbrücken, wo Fatoni als nächstes spielt. Der Mann hat’s einfach drauf.