NRW Für Bauer Goetzens ist heute Silvester
St Hubert · Im Jahr nach dem Mauerfall fing alles an. Die Idee mit dem Spargel hat aber nichts mit der deutschen Vereinigung zu tun. Vielmehr musste Karl Goetzens überlegen, wie er über die Milchproduktion hinaus Geld verdienen kann.
Durch die Milchquote waren ihm die Hände gebunden, er konnte seine Einnahmen mithilfe der Kühe nicht mehr steigern. „Wir mussten wachsen. Die Familie will ja irgendwie ernährt werden“, sagt der 60-Jährige. Da kam er auf den Asparagus.
Seit 1990 baut Karl Goetzens Gemüsespargel an. Elf seiner 80 Hektar Land bewirtschaftet er mit dem „gesunden und vielfältigen Gemüse“. Mitte März freute sich der St. Huberter über die erste Ernte. Goetzens setzte den Großteil seines Anbaus recht früh unter eine spezielle Doppelabdeckung. „So hatten es die Pflanzen schön warm und konnten wachsen.“ Zu Ostern habe er dadurch ausreichend Spargel anbieten können, die Nachfrage seiner Kunden wurde bedient. Überhaupt ist er mit der diesjährigen Spargelzeit zufrieden. „Wir hatten konstante Ernte- und Absatzmengen. Das läuft nicht in jedem Jahr so glatt.“
Die Ernte ist Handarbeit. Dafür kommen Saisonarbeiter - überwiegend aus Rumänien - und helfen. Im Mai sind bis zu 23 Mitarbeiter auf dem Hof beschäftigt. In jüngster Vergangenheit war es nicht ganz einfach, zuverlässige Erntehelfer zu finden. „Ich kann da Geschichten erzählen“, sagt der Landwirt und winkt ab. In den letzten Jahren wusste er manchmal nicht, ob die Ernte eingefahren werden kann. Die Einstellung der Saisonkräfte habe sich verändert. „Es kommt vor, dass der ein oder andere über Nacht weg ist!“ Von Zuverlässigkeit könne keine Rede sein. „Mitarbeiter zu finden, auf die ich mich verlassen kann, wird nicht leichter. Für die kommenden Jahre sehe ich das als große Baustelle.“ Wenn der Mindestlohn weiter steige, würde es schwer, das Geschäft mit dem Spargel rentabel zu halten.
Die Hilfsarbeiter sind für den Spargelbauer ein Thema für sich. Letztes Jahr, als die Coronamaßnahmen noch drastischer waren und die Grenzen geschlossen wurden, sei es eine erhebliche Zusatzbelastung gewesen. „Da war die Lage in diesem Jahr vergleichweise entspannt.“ Die Investitionen in eine größere Sortieranlage und Schälmaschine haben sich gelohnt. Die Geräte vereinfachen die Arbeit.
Nachdem der Spargel gestochen wurde, kommt er in eine Kiste, wird gewässert und runtergekühlt, damit er nicht mehr weiterwächst. Anschließend werden die Stangen in der Maschine mithilfe von kleinen Kameras sortiert. 80 Prozent der Ware wurde im Hofladen verkauft, der Rest ging an regionale Großabnehmer, überwiegend aus der Gastronomie. Bauer Goetzens selbst verspeist auch einen guten Teil seiner Erzeugnisse selbst. Den Spargel isst er in verschiedensten Variationen: In der Pfanne mit Zwiebeln gebraten, gekocht mit Kartoffeln und Schinken, Spargelbrötchen oder -suppe. „Gerne auch mal roh direkt vom Feld.“ Nur bei Spargelsalat sagt er eher nein.
Seit 1997 baut Goetzens auch Erdbeeren an, denn beim Spargel war er irgendwann an seine Grenzen gestoßen. 1998 baute er ein eineinhalb Hektar großes Treibhaus. Vier Kilogramm pro Quadratmeter Ertrag sind der Lohn. „Jeder hat mir vom Bau des großen Treibhauses abgeraten, aber es war die richtige Entscheidung“, weiß er heute. Die letzten Erdbeeren hat er vor einer Woche gepflückt.
In diesem Zyklus ist alles gut gegangen. Heute zu Spargelsilvester ist die Arbeit erledigt und Karl Goetzens kann durchatmen. „Der Juli ist der entspannteste Monat auf dem Hof.“ In den vergangenen Wochen war reichlich zu tun, erzählt der Ur-St.Huberter. Genauso wie sein Spargel braucht Goetzens jetzt erstmal Ruhe. Die WZ wünscht schöne Ferien.