Kritik des Landesrechnungshofes Geldverschwendung durch zu viele Arbeitsgerichte in NRW?
Düsseldorf · Schon im vergangenen Jahr hatte der Landesrechnungshof Reibungsverluste bei den NRW-weit 30 Arbeitsgerichten beklagt. Doch der Vorschlag, die Standorte auf 16 zu reduzieren, blieb ungehört. Jetzt wird die Sache im Landtagsausschuss diskutiert.
Wenn sich der Landesrechnungshof NRW ein Thema vornimmt und aus eigenem Antrieb näher überprüft und analysiert, dann tut das entsprechende Ressort der Landesregierung, in dessen Bereich diese Prüfung stattfindet, gut daran, den entsprechenden Bericht ernst zu nehmen. Schließlich geht es immer um etwas, das die Landesregierung ihren Bürgern schuldet: den sorgsamen Umgang mit Steuergeld.
In seinem bereits im vergangenen September vorgestellten Jahresbericht 2018 hat sich der Landesrechnungshof mit viel Akribie ein Thema vorgenommen, bei dem nach seiner Ansicht einiges im Argen liegt. Es geht um die Arbeitsgerichte im Land und deren Organisation. Um die Gerichte also, die Streitigkeiten zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern entscheiden. Dabei gebe es viele Reibungsverluste und damit einhergehend auch einen nicht bezifferten hohen Aufwand insbesondere für Personal aber auch für sächliche Mittel, inklusive Immobilien. Das Thema erreicht am kommenden Dienstag die politische Arena – wenn es im Landtagsausschuss für Haushaltskontrolle diskutiert wird.
Die Fakten
Nach den vom Landesrechnungshof zusammengetragenen Fakten sind die 30 Arbeitsgerichte in Nordrhein-Westfalen sehr unregelmäßig über die Fläche des Landes verteilt. Während im Ruhrgebiet mehrere Arbeitsgerichte im Abstand von wenigen Kilometern angesiedelt sind, sind die Bezirke etwa im nördlichen Münsterland oder im Kölner Bereich deutlich größer. Die kleinen Arbeitsgerichte mit zum Beispiel nur sieben Bediensteten haben laut Landesrechnungshof viel größere Probleme als die großen Einheiten mit bis zu 59 Bediensteten, ihre organisatorischen Belange eigenständig zu regeln. Wenn etwa Bedienstete wegen Krankheit kurzfristig ausfallen, könnten diese kleineren Gerichte das mit ihrem geringen Personalstamm kaum auffangen. Dadurch notwendig werdende bezirksübergreifende Vertretungen verursachten dann sowohl bei den vertretenden als auch bei den zu vertretenden Arbeitsgerichten einen großen Aufwand.
Unabhängig von der Größe des Gerichts fallen jedoch Aufgaben an, die auf jeden Fall erledigt werden müssen. Und das sei dann für kleine Gerichte ein relativ gesehen hoher Personalaufwand. So muss jedes Gericht Rechtspfleger für die Geschäftsleitung haben. Ehrenamtliche Richter müssen betreut werden. Ebenso muss es jemanden für die IT geben.
Und da sind auch die strengen Regeln der Eingangskontrolle, die eingehalten werden müssen, egal, wie groß oder klein das Gericht ist. Um das Gericht zu sichern, müssen Justizwachtmeister Besucher mithilfe von Metalldetektoren und Durchleuchtungsgeräten nach Waffen oder Sprengstoff durchsuchen. Bei kurzfristigen Abwesenheiten, so mahnen die Rechnungsprüfer, die offenbar tief recherchiert haben, würden auch schon mal gar keine Personenkontrollen durchgeführt. Der Gedanke wird nicht fortgeführt, aber es liegt auf der Hand: Was, wenn es in einem solchen Fall mal zu Verletzten oder Toten kommt?
Das Fazit
Der Landesrechnungshof hält die derzeitige, überwiegend kleinteilige Organisationsstruktur in der Arbeitsgerichtsbarkeit für unwirtschaftlich, weil sie zu einem hohen Personal-, Verwaltungs- und Koordinierungsaufwand führt. Insgesamt benötigen kleine Arbeitsgerichte verhältnismäßig mehr Personal und binden mehr Arbeitskraftanteile für Verwaltungsaufgaben als große.
Der Vorschlag
Zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit und zur Sicherung der Standards unter Beibehaltung der Bürgernähe hat der Landesrechnungshof deshalb eine Neuorganisation der Arbeitsgerichtsbarkeit in NRW vorgeschlagen. Durch Zusammenlegen von Arbeitsgerichten sollten größere Organisationseinheiten geschaffen werden. 16 statt bisher 30 Standorte seien dann ausreichend. Dort, wo Arbeitsgerichts-Standorte wegfallen, sollten Gerichtstage eingerichtet werden, um die bürgernahe Rechtsprechung in der Arbeitsgerichtsbarkeit zu erhalten. Dann können Verhandlungen der Arbeitsgerichte auch schon mal in den Räumen von Amtsgerichten stattfinden.
Die Reaktion
Als der Landesrechnungshof das Thema im vergangenen Jahr aufbrachte, da war die Reaktion von Justizminister Peter Biesenbach (CDU) ablehnend. Die derzeitige Struktur sei historisch gefestigt, die Arbeitsgerichtsbarkeit in ihrer Flächenausdehnung und ihrer besonderen regionalen Präsenz sei allseits anerkannt. Das Justizministerium betonte die Bürgernähe, die durch die zahlreichen Arbeitsgerichte sichergestellt sei.
Aber so gar nicht auf die Kritik zu reagieren, schien dem Minister auch nicht opportun. Es seien generelle Vertretungsregelungen geschaffen worden und es werde eine gerichtsübergreifende Zusammenarbeit gefördert, heißt es mittlerweile. Man sei mit den Präsidenten der Gerichte im Gespräch, um eine „aufgabenkritische Untersuchung der Binnenmodernisierung“ vorzunehmen. Ob dieses Behördendeutsch-Wortgeklingel angesichts der im Ergebnis doch recht radikalen Kritik und Reformvorschläge des Rechnungshofs den Landtagsabgeordneten der Opposition reicht, muss sich am Dienstag zeigen.