Juri Andruchowytsch Heine-Preisträger beeindruckt mit seiner Haltung

Düsseldorf · Juri Andruchowytsch, Träger des Düsseldorfer Heine-Preises, lässt keinen Zweifel daran, dass die Verteidigung von Freiheit und Menschenrechten in seiner Heimat Ukraine sein höchstes Ziel ist. Dabei hat er sich ein lockeres Auftreten bewahrt.

Vor der Preisverleihung im Heine-Institut: Miriam Koch, Juri Andruchowytsch, Stephan Keller und Sabine Brenner-Wilczek (v.l.).

Vor der Preisverleihung im Heine-Institut: Miriam Koch, Juri Andruchowytsch, Stephan Keller und Sabine Brenner-Wilczek (v.l.).

Foto: Georg Salzburg (salz)/Georg Salzburg

Was Juri Andruchowytsch am Samstag im Düsseldorfer Schauspielhaus sagen würde, davon vermittelte er bereits am Freitag Eindrücke in einer Pressekonferenz. Oberbürgermeister Stephan Keller hatte vorab die Bedeutung dieses prominenten ukrainischen Schriftstellers umrissen, dem er am Samstag im Düsseldorfer Schauspielhaus den mit 50 000 Euro dotierten Heine-Preis der Landeshauptstadt überreicht hat, „einen der bedeutendsten Literatur- und Persönlichkeitspreise in Deutschland“, und das nicht nur wegen der hohen Dotierung. Die Auszeichnung, so betonte Keller, beziehe sich nicht nur auf Andruchowytschs literarisches Werk, sondern „auch auf die Werte, für die er steht“. Das ist die Verteidigung von Freiheit und Menschenrechten, Werten also, für die schon der Namensgeber des Preises einstand - so satirisch, wie auch Andruchowytsch es oft praktiziert.

Im Vorfeld entschuldigt sich der Autor für sein langsames Deutsch

Als er sich im Heinrich-Heine-Institut der Presse präsentierte, war sogleich spürbar, welche Sorte Mensch er ist. Er bat um Verständnis dafür, dass er sehr langsam Deutsch sprach. Das sei bei ihm immer so am ersten Tag. Erst bei der Preisverleihung, werde er etwas schneller sprechen. Richtig auf Touren komme er immer erst am dritten Tag, „doch dann fahre ich schon aus Düsseldorf weg“. Solcher Humor durchzieht auch Andruchowytschs Bücher, dazu Satire und Groteske, die oft übermütig über die Wirklichkeit hinausschießen.

Zuvor hatte der Romancier, Lyriker, Essayist, Übersetzer und vor allem Menschenrechtler der Leiterin des Heine-Instituts, Sabine Brenner-Wilczek, für die vorausgegangene Führung durch das Haus gedankt. Die Begegnung mit den Dokumenten zu Heine habe ihn, so sagte er, glücklich gemacht „und noch mehr stolz auf die Ehrung“. Bei dieser Gelegenheit weitete er sein Lob unter anderem auf Sabine Stöhr aus, die Frau, die alle seine Texte ins Deutsche übersetze und das „unglaublich gut“ mache.

Von dort gelangte er, jetzt wieder humoristisch, nach Czernowitz, der ukrainischen Stadt, mit der Düsseldorf neuerdings eine Städtepartnerschaft verbindet. Das freue ihn ebenfalls, doch, so ergänzte er schmunzelnd, „ich bin natürlich sehr neidisch, dass es nicht meine Heimatstadt Iwano-Frankiwsk ganz in der Nähe“ geworden ist.

Er fügte hinzu, Czernowitz sei eine von zwei Städten, die vom Angriffskrieg der Russen nicht betroffen sei. Wie hierzulande die Scherze zwischen Düsseldorf und Köln hin und herfliegen, so kursiert Andruchowytsch zufolge in der Ukraine die Behauptung, Czernowitz bleibe deshalb unbehelligt vom Krieg, „weil viele nicht wissen, dass die Stadt in der Ukraine liegt“. Hinzuzufügen ist: In Deutschland hat Czernowitz schon allein durch drei Schriftsteller, die dort geboren wurden, einen hohen Bekanntheitsgrad: Rose Ausländer, Paul Celan und Gregor von Rezzori.

Über Literatur, so kündigte Andruchowytsch an, werde er auch in seiner Dankesrede zum Heine-Preis sprechen: über die von russischem Beschuss besonders stark getroffene Stadt Charkiw und die Lage des dortigen Literaturmuseums und der Bibliotheken. Dabei will er um deren Unterstützung durch deutsche Spender werben. Wohin Andruchowytsch auf seinen Reisen zurzeit auch kommt, überall verficht er die Interessen seiner zu Unrecht angegriffenen Heimat.

Der Heine-Preis ist nicht die erste Auszeichnung, die dem ukrainischen Autor zuteil wird. Vorausgegangen sind unter anderem der Herder-Preis der Alfred-Toepfer-Stiftung, der Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung, der Hannah-Arendt-Preis für politisches Denken und zuletzt, 2016, die Goethe-Medaille des Goethe-Instituts. Schon allein die Namen der Preise zeugen von der geistigen und gesellschaftlichen Weite, in der Andruchowytsch sich selbstbewusst und uneitel bewegt.