Heimatliebe-Leserumfrage Eigenheim bleibt ein Grundbedürfnis

Hilden/Haan · Wohnraum in Hilden und Haan ist teuer. Das sorgt nicht nur für hohe Mieten – gleichzeitig wird aufgrund des gestiegenen Zinsniveaus kaum noch gebaut. Der Traum vom eigenen Häuschen bleibt daher für viele unerfüllt.

Das neue Quartier an der Hochdahler Straße ist eines von zurzeit wenigen Neubauprojekten in Hilden.

Foto: Köhlen, Stephan (teph)

So ändern sich die Zeiten: Wer früher die Internetportale der großen Immobilienmakler aufgerufen hat, um ein Haus zu kaufen, konnte sich immer sicher sein, eine ganze Liste voller interessanter Angebote zu finden. Wer heute bei einem der Marktführer auf die Suche gehen will, erhält stattdessen Hilfsangebote für den Verkauf des eigenen Hauses oder die Suche nach geeigneten Mietern. Beim Hausverkauf, so wird geworben, könne man bei entsprechender Unterstützung bis zu 13 Prozent mehr Geld erzielen. Genau das, was all jene, die als Hauskäufer „auf der anderen Seite“ stehen, nun so gar nicht gebrauchen können.

„Die Lage ist schwierig“ sagt Andreas Adán. Er ist Geschäftsführer des Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümervereins Hilden und Umgebung. Bis zum Ukrainekrieg habe sich der Kauf von Wohnungen noch rentiert, da die Abtragung der Zinsen meist niedriger war als die Miete. „Dies ist nun nicht mehr so“, berichtet Adán: „Hohe Zinsen und teure Wohnungen – das funktioniert einfach nicht.“

Und so komme es zu der geradezu paradoxen Situation dass Wohnraum knapp ist, was für hohe Mieten sorgt, gleichzeitig aufgrund des gestiegenen Zinsniveaus aber kaum noch gebaut und Wohnraum geschaffen wird. Diese Stagnation führe wiederum zu mehr Wohnungsnot.

Der „Haus und Grund“-Experte lässt keinen Zweifel daran, dass auch die Städte selbst ihren Teil zur Krise beitragen, indem sie es beispielsweise versäumen, die reinen Wohnkosten anders zu regulieren, etwa durch Senkung von Grundsteuer, Müll-, Abwassergebühren et cetera: „Aber auch hier geht es leider in die andere Richtung“, bemängelt Andreas Adán.

In Haan beispielsweise beschloss die Stadtratsmehrheit im April dieses Jahres, die Grundsteuer B, die vor allem Hausbesitzer und deren Mieter betrifft, von 480 auf 510 Punkte anzuheben. Die Stadt hatte sogar 540 vorgeschlagen. „Für uns ist 2024 das schlechteste Jahr, um die Grundsteuer B erneut zu erhöhen“, kritisierte Andreas Rehm, Fraktionschef der Grün-Alternativen Liste Haan (GAL) seinerzeit. Insbesondere mit Blick auf die zu erwartende Umverteilung durch eine neue Steuerreform, die in Kürze umgesetzt werde und die Geringverdienende besonders belaste, sei ein weiteres Drehen an der Grundsteuer-Schraube unzumutbar.

Baulandpreise in Hilden
sind die höchsten im Kreis

Unbebautes Land ist in Hilden kreisweit übrigens am teuersten. Der Durchschnittsquadratmeter (gute Wohnlage) lag 2023 bei 670 Euro, in Haan bei 625 Euro. Am preiswertesten ist Wülfrath mit 380 Euro pro Quadratmeter.

Gibt es überhaupt noch Flächen auf Hildener Stadtgebiet, wo Eigenheime entstehen könnten? Bei dieser Frage verweist Baudezernent Peter Stuhlträger auf die Bezirksregierung Düsseldorf: Deren Siedlungsflächen-Monitoring „Rheinblick 2023“ habe für die Stadt Hilden ein Potenzial für fast 2000 zusätzliche Wohnungen ausgemacht. Diese Schätzung basiere auf den im Flächennutzungsplan enthaltenen Baulandreserven, der Abschätzung von Baulücken, die zur Hälfte berücksichtigt werden, sowie auf Reserveflächen, die im Regionalplan als „Allgemeiner Siedlungsbereich“ ausgewiesen sind, aber nicht im Flächennutzungsplan.

Um neue Baugebiete zu erschließen, muss der Stadtentwicklungsausschuss und letzten Endes dann auch der Stadtrat für Flächen, die im Flächennutzungsplan bereits als zukünftige Wohngebiete vorgesehen sind, einen Bebauungsplan aufstellen. In diesem gesetzlich vorgeschrieben Verfahren werden die verschiedenen Belange und Anforderungen sorgfältig abgewogen, weiß Stuhlträger: „Manchmal handelt es sich dabei um Flächen, die bereits versiegelt sind, wie zum Beispiel brachliegende Gewerbe- oder Industriegrundstücke.“ In solchen Fällen stehe der Stadtrat dem Vorhaben in der Regel positiv gegenüber. „Meistens betrifft es jedoch Grün- und Erholungsflächen oder auch landwirtschaftlich genutzte Flächen“, berichtet der Baudezernent: „Da Hilden bereits stark bebaut ist, stehen viele Bürgerinnen und Bürger neuen Bauprojekten kritisch gegenüber.“ Diese Skepsis sei auch im Stadtrat deutlich spürbar „deshalb bleibt die Anzahl der neu geschaffenen Wohnungen eher gering“.

Erik Uwe Amaya betrachtet das Wohneigentums-Problem aus einem übergeordneten Blickwinkel. Der Verbandsdirektor des Vereins „Haus & Grund Rheinland/Westfalen“ sagt: „Immer neue Gesetze, Verordnungen und auch kommunale Satzungen verteuern den Bau neuer Wohnungen. Hierzu zählen hohe Anforderungen beim Brandschutz, bei der Barrierefreiheit und vor allem bei energetischen Standards.“

Er nennt ein Beispiel: „In NRW gilt ab dem 1. Januar 2025 eine Solaranlagen-Pflicht für alle Neubauten.“ Das kann und will nicht jeder stemmen.

Die Folge: „Das Interesse am Bestand steigt.“ Die Immobilien-Kaufpreise in den umliegenden Kommunen von den großen Städten entlang der Rheinschiene seien entsprechend stark gestiegen. „Wenn äußere Faktoren, wie die stark gestiegenen Zinsen innerhalb kurzer Zeit hinzukommen, brechen die Baugenehmigungszahlen massiv ein“, weiß der Experte. Das Problem für junge Familien und junge Erwerber seien jedoch weniger die Zinsen, als vielmehr die hohen Kaufnebenkosten. „Die müssen Erwerber von Wohneigentum auch bei Vollfinanzierungen als Eigenkapital selbst stemmen können“, sagt Amaya. Hierzu zähle zum Beispiel auch die Grunderwerbsteuer, die in NRW mit 6,5 Prozent sehr hoch ist. In Bayern und Sachsen liegt die Grunderwerbsteuer bei lediglich 3,5 Prozent.

„Manche Kommunen weisen auch keine neuen Bauflächen mehr aus, weil sie kein Interesse an weiterem Wachstum haben“, berichtet der Verbandsdirektor: „Folge ist, dass die Grundstückspreise auf zur Verfügung stehenden Flächen weiter anziehen.“

Auch wenn momentan keiner so recht zu wissen scheint, wo die Entwicklung endet – so steht Peter Stuhlträger zufolge doch eines fest: „Bezahlbarer Wohnraum ist ein Grundbedürfnis“, sagt der Baudezernent. „Niemand möchte aus der Stadt verdrängt werden, weil man hier das soziale Umfeld, die Arbeit und die Heimat hat. Dieses Grundbedürfnis ist unabhängig von der jeweiligen Einkommenssituation.“