Der mutmaßliche Amok-Brandstifter von Krefeld hat ein Teilgeständnis abgelegt. Er habe mehrere Brände unter anderem in seiner Wohnung gelegt, aber nicht versucht, das Kino-Center anzuzünden, sagte der 38-Jährige beim Prozessauftakt am Landgericht Krefeld.
Auch die ihm vorgeworfenen Beleidigungen und Bedrohungen bestritt er weitgehend und erhob stattdessen Vorwürfe gegen die Polizei: Es sei zweimal auf ihn geschossen worden, als er bereits gefesselt gewesen sei.
Eigentlich sollte beim Prozessbeginn nur die Anklage verlesen werden und der Angeklagte schweigen, doch der hielt sich nicht an die Absprache und sprudelte los.
Streckenweise wirkte die Aussage dabei verwirrt: Die Brände habe er wegen der Stimmen gelegt, die er höre. Irgendjemand wiederhole seine Selbstgespräche und übertrage sie nach draußen in die Stadt.
Spur der Zerstörung
Brände, zertrümmerte Glasscheiben und eine Spur der Zerstörung: Am 10. Oktober vergangenen Jahres sorgte eine Serie von Brandstiftungen und Zündeleien in Krefeld für Aufsehen und einen Großeinsatz. In kurzer Zeit gingen Notrufe ein. In einem Kino-Komplex schoss die Polizei den Iraner schließlich nieder.
Er habe dort kein Feuerzeug in der Hand gehabt und sich lediglich verstecken wollen, sagte der Angeklagte. Das Benzin habe er bei der Rangelei mit einem Security-Mann versehentlich verschüttet.
Zuvor waren innerhalb kurzer Zeit in der Stadt von verschiedenen Orten Notrufe eingegangen: Zuerst legte der polizeibekannte Mann laut Geständnis in seiner Dachgeschosswohnung Feuer, dann setzte er einen auf der Straße abgestellten Transporter der Caritas in Brand. Als Nächstes habe er in der Arbeitsagentur in Krefeld Benzin auf einem Schreibtisch ausgeschüttet und diesen angezündet.
Schwere Brandstiftung
Die Staatsanwaltschaft wirft ihm unter anderem schwere Brandstiftung, Bedrohung und Beleidigung vor. Vor dem Ausländeramt in Krefeld soll er Mitarbeiter mit den Worten „Ich stech' euch ab“ bedroht haben. Nach dem Aufwachen aus der Narkose im Krankenhaus habe er seine Bewacher mit den Worten „Ich ficke dich“ und „Ich ficke deine Mutter“ bedacht.
Dazu sagte der Angeklagte, er habe zehn Tage im Koma gelegen und sei mit Medikamenten voll gepumpt gewesen: „So viele Spritzen, ich wusste nicht, was ich sage.“
Im Kino-Center habe er sich nur verstecken wollen, doch dann hätten acht Polizisten um ihn herum gestanden. Er habe sich nicht bewegt, dennoch hätten die Beamten geschossen, obwohl er nicht einmal ein Feuerzeug in der Hand gehabt habe. „Ich wollte niemand tot machen“, beteuerte er.
Aber seine Stimme sei überall in der Stadt zu hören gewesen. „Das hat mich verrückt gemacht.“ Trotz Handschellen habe ihm ein Polizist noch zweimal in die Beine geschossen. Sein Kollege habe ihn gefragt: „Warum hast du noch mal geschossen?“
Verteidigung sieht Frage der Schuldfähigkeit zentral
Der psychiatrische Gutachter, der ihm volle Schuldfähigkeit attestiert hatte, lüge. „Alle lügen.“ Er sei krank. Das habe ein Arzt ihm bescheinigt. Monate später heiße es plötzlich, er sei nicht krank. „Ich bin nicht gefährlich“, beteuert er. „Ich bin ein weiser, armer Mensch. Draußen wollen mich Leute tot machen.“ Ganz oft hätten sie versucht, ihn zu überfahren.
Verteidiger Stefan Tierel zeigte sich verwundert, dass er bislang keine Überwachungsaufnahmen aus dem Kino-Foyer zu sehen bekommen habe. Neben der Sache mit den fehlenden Videoaufnahmen und den Geschehnissen im Kino-Foyer sei für ihn die Frage der Schuldfähigkeit zentral.
Zum Zeitpunkt der Taten habe sein Mandant, die ihm verschriebenen Psychopharmaka nicht genommen. Es habe auch eine entsprechende Diagnose gegeben. Dennoch sei er laut psychiatrischem Gutachter voll schuldfähig.
Nach Angaben der Landesregierung war der Iraner 2002 illegal nach Deutschland eingereist. Für das Landgericht in Krefeld ist er kein Unbekannter: Richter verurteilten ihn dort bereits 2010 zu viereinhalb Jahren Haft, unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung, versuchter Vergewaltigung und Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten. Er musste die Strafe voll absitzen.
27 Alias-Namen
Der mutmaßliche Amoktäter ist den Behörden unter 27 verschiedenen Namen bekannt. Nach seiner Haftentlassung in Deutschland 2014 tauchte er erst zehn Jahre später wieder in Krefeld auf - im April 2024.
Abschiebungen in den Iran seien gescheitert, weil das Land auf einer Erklärung besteht, dass die Person freiwillig zurückkehrt. Diese Erklärung habe der 38-Jährige trotz mehrfacher Bemühungen nicht unterzeichnet. Das Gericht hat für den Fall fünf Verhandlungstage angesetzt.
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