NETTETAL Immer mehr Patienten in der Notaufnahme

NETTETAL · Geschulte Pflegekräfte müssen in der Notaufnahme des Krankenhauses entscheiden, wie dringend eine Behandlung ist. Dabei hilft ein Triage-System. Wartezeiten gehören dazu.

Über 22.000 Patientenkontakte in der Notaufnahme dieses Jahr: die ärztlichen Leiter Michael Leenen und Ilka von der Stein und Pflegeleiterin Sabine Götz (v.l.).

Foto: Uli Rentzsch

Mehr als die Hälfte aller Einwohner in Nettetal sucht einmal im Jahr die Notaufnahme des Städtischen Krankenhauses auf. Natürlich nicht wirklich, aber 22.353 Patientenkontakte in der Notaufnahme, Stand 7. Dezember, 7.15 Uhr - das ist schon eine stattliche Zahl. Michael Leenen, der gemeinsam mit Ilka von der Stein die Zentrale Patientenaufnahme leitet, will mit dieser Zahl verdeutlichen, dass immer mehr Menschen die Notaufnahme aufsuchen. In der Hoffnung, medizinisch versorgt zu werden, Hilfe in einer Notsituation zu finden. Im Jahr 2020 wurden knapp 17.200 Menschen gezählt, seitdem steigen die Zahlen.

Gibt es etwa mehr Notfälle in Nettetal und Umgebung? Zumindest erstaunlich ist: Sonntags nach dem Frühstück häuften sich die Patientenzahlen, so von der Stein. Während des Lockdowns in der Corona-Pandemie seien die Zahlen dagegen deutlich gesunken, ergänzt Sabine Götz, Pflegeleiterin der Notaufnahme.

Einsätze von Sicherheitsdiensten oder die Anwesenheit der Polizei, in größeren Städten ein fast tägliches Bild, sind in Nettetal nicht üblich. Dennoch: Verbale Übergriffe durch die Patienten werden auch vor Ort häufiger, Tätlichkeiten bleiben äußerst selten. „Auslöser sind lange Wartezeiten, Unverständnis der Vorgehensweise oder unerfüllte Wünsche“, zählt Leenen auf.

„Wir wollen deutlich machen, was die Notaufnahme leisten kann und was nicht. Und so für mehr Verständnis werben, wenn einmal längere Wartezeiten nicht zu vermeiden sind“, sagt Sabine Götz. Sie gibt zu bedenken, dass die Notaufnahme oft missverständlich als Arztbesuch außerhalb der üblichen Sprechstunden verstanden wird. Mit Beschwerden, die bereits seit einiger Zeit bestehen, und der persönlichen Erkenntnis, gerade wäre Zeit für eine ärztliche Konsultation, sei man in der Notaufnahme nicht am richtigen Platz.

Liegend im Rettungswagen oder zu Fuß durch Eingangstür - immer trifft der Patient auf eine Pflegekraft, die eine Ersteinschätzung vornimmt. Schließlich muss schnell entschieden werden, wie dringend der Patient versorgt werden muss. Dabei nutzt das Nettetaler Krankenhaus wie viele andere Häuser auch das so genannte Manchester Triage System (MTS). Dieses wissenschaftlich fundierte System ist international anerkannt und dient dem speziell geschulten Pflegepersonal dazu, Patienten zu kategorisieren. So werde sicher gestellt, dass Schwersterkrankte zuerst behandelt werden, erklärt Leenen. Dabei helfen Farben: Rot bedeutet eine lebensbedrohliche Lage, eine Abstufung erfolgt über orange und gelb, grün inkludiert Wartezeit, blau zeigt keine Dringlichkeit der Behandlung an. „Das stellen wir innerhalb von Minuten sicher“, sagt von der Stein: Anamnese der Symptome, relevante Vorerkrankungen, Vitalwerte - dann die Farbe, die jedoch konsequent überprüft wird. Die Situation eines Patienten könne sich mit der Zeit auch verbessern oder verschlechtern.

Grün und Blau müssen akzeptieren, dass Rot und Orange vorgezogen werden. Zudem fehlt das Verständnis, dass innerhalb des Krankenhauses oder nach Anlieferung mit dem Rettungswagen weitere Notfälle behandelt werden müssen, was für die Wartenden in der Notaufnahme nicht ersichtlich ist. Erst der Schwerverletzte aus dem Autounfall, viel später der große Zeh nach dem Zusammenstoß mit dem Bettpfosten. Ergibt sich allerdings die Notwendigkeit einer weiteren Behandlung, wird der Patient stationär aufgenommen.

Die Notaufnahme im Krankenhaus verordnet keine Medikamente, stellt keine Bescheinigungen bei Arbeitsunfähigkeit aus (beide außer bei Arbeitsunfällen), führt keine Weiterbehandlungen von bekannten Problemen aus und übernimmt auch keine medizinische Leistungen, die in den Bereich der haus- und fachärztlichen Versorgung fallen. Leenen gibt ein Beispiel: „Wir können nicht helfen, wenn der Patient eine sofortige MRT-Untersuchung erwartet, weil die Halswirbelsäule schmerzt.“