Wülfrath NRW-Kommunen sollen nach Berlin reisen
Wülfrath · NRW-Heimatministerin Scharrenbach lädt am 26. November zur Altschuldentagung. Kritik vom Bund der Steuerzahler.
Kämmerer Rainer Ritsche hat wie seine Kollegen von fast 400 Kommunen in Nordrhein-Westfalen eine Einladung von Ina Scharrenbach (CDU), NRW-Landesministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung erhalten. Sie lädt am 26. November zur Altschuldentagung unter dem Titel „Abbau und Vermeidung kommunaler Kassenkredite – Wie könnte es gehen?“ ein. Nicht nach Düsseldorf, sondern nach Berlin. Auch NRW-Bundestagsabgeordnete und NRW-Landtagsabgeordnete haben diese Einladung erhalten. Um 12.30 Uhr ist Veranstaltungsbeginn mit Imbiss und Get-together. Es folgen fünf Ansprachen, eine Podiumsdiskussion zum Thema „Das kommunale Kassenkreditproblem – Wie konnte eine Lösung aussehen?“ und schließlich um 15.30 Uhr das Veranstaltungsende, ein Get-together mit Getränken und Kuchen.
„An diesem Tag ist der Haupt- und Finanzausschuss (HFA) terminiert“, sagt Rainer Ritsche im Gespräch mit der WZ. Er hat wenig Verständnis dafür, dass dieses Treffen nicht in der Landeshauptstadt oder wenigstens in Nordrhein-Westfalen organisiert wurde. „Von den 396 Gemeinden in NRW sind viele hoch verschuldet. Das Thema ist enorm wichtig. Aber sollen alle für drei Stunden nach Berlin kommen?“, fragt der Kämmerer rhetorisch. Ein solches Treffen in Düsseldorf hätte er mit dem HFA und seinem Sparwillen in Einklang bringen können, nicht eines in der Bundeshauptstadt. Zudem passe dies nicht zu klammen Stadtkassen. „Ich habe große Zweifel, dass wir für den kommenden Haushalt 2020 eine Schwarze Null hinbekommen. Da wird auch mit Kleingeld gerechnet.“ Der Haushalt wird am 3. Dezember in der Ratssitzung eingebracht. Besser sehe es erst ab 2021 aus, da dann wieder höhere Schlüsselzuweisungen und Steuereinnahmen zu erwarten seien.
Die Reisekosten müssen die Kommunen selbst tragen
Ein Hin- und Rückflug mit der Lufthansa kostet in der Economy-Klasse rund 250 Euro. Bei der Deutschen Bahn kostet ein Ticket in der Ersten Klasse etwa 200 Euro, die Zweite Klasse rund 120 Euro. Kosten, die die Kommunen für Dienstreisen übernehmen müssen. Also am Ende der Steuerzahler.
Der Bund der Steuerzahler NRW sieht die Einladung kritisch. Sprecher Markus Berkenkopf nennt den Umfang der Einladung „totalen Quatsch“. „Man hätte dies wirtschaftlicher gestalten können“, meint Markus Berkenkopf. Das Thema selbst sei sehr wichtig, aber hunderte Politiker und Verwaltungsspitzen nach Berlin zu rufen, passe nicht in die Landschaft, schon gar nicht mit Blick auf die Kosten und den aktuell diskutierten ökologischen Fußabdruck. Außerdem hätten Kommunale Spitzenverbände für einen Austausch gereicht. Und: „Eine Videokonferenz hätte es auch getan“, so der Sprecher weiter. Die Sachlage selbst sei erschöpfend bekannt.
Auf der Rednerliste steht auch Johannes Slawig, Stadtdirektor und Kämmerer der Stadt Wuppertal sowie Sprecher des Aktionsbündnisses „Für die Würde unserer Städte“. Er hat mit dem Ort des Treffens keine Probleme: „Wir kämpfen um Lösungen des Verschuldungsproblems unter Beteiligung des Bundes“, so Slawig (CDU). Die Regierung habe ihre Bereitschaft erklärt, unter bestimmten Voraussetzungen zu helfen. Eine Grundvoraussetzung sei ein nationaler Konsens. „Alle Bundesländer müssen mitmachen“, sagt der Stadtdirektor. Mit Werner Gatzer, Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen, der ebenfalls auf der Rednerliste steht, habe man einen Fürsprecher, genau wie mit der NRW-Ministerin Scharrenbach. „Werner Gatzer kommt ursprünglich aus Nordrhein-Westfalen und kennt die Probleme genau“, so Johannes Slawig weiter. Das Thema von Werner Gatzer: „Der Beitrag des Bundes zur Lösung des kommunalen Altschuldenproblems – Möglichkeiten und Erwartungen“.