Wir helfen jetzt! Konflikte, Katastrophen, Krisen – und viel Hunger
WUPPERTAL. · In vielen Ländern Afrikas türmen sich mehrere große Katastrophen. Kinder leiden immer mehr Hunger. Zeit, den Blick dorthin zu richten.
Alle 13 Sekunden stirbt weltweit ein Kind an den Folgen von Hunger. Für Kinder in vielen Ländern Afrikas ist die Ernährungssituation besonders verheerend. Das liegt vor allem auch daran, dass dort gerade mehrere Katastrophen gleichzeitig passieren.
„Die Pandemie, Gewalt und Vertreibung, Dürren, Überschwemmungen und eine immense Heuschreckenplage: In Ländern wie Südsudan, Mali, Niger, Somalia und Mosambik haben sich mehrfache Krisen zu einem ‚perfekten Sturm‘ zusammengebraut, der jetzt Millionen Kinder bedroht“, sagt Unicef-Geschäftsführer Christian Schneider. Auch wenn die Ausgangssituation in jedem Land unterschiedlich ist, so ist es das brisante Zusammenspiel verschiedener Katastrophen, das die Kinder und ihre Eltern in die Verzweiflung treibt.
Konflikte sind eine der Hauptursachen für schlechte Versorgung. Wenn Kämpfe ausbrechen, verlassen verängstigte Familien ihre Heimat und werden zu Vertriebenen. Zurück bleiben ihre Felder, die verdorren und Nutztiere, die verenden. Vier von fünf der 144 Millionen Kinder weltweit, die an chronischer Mangelernährung leiden, leben in Konfliktregionen. Drei Konfliktregionen auf dem afrikanischen Kontinent stehen bereits heute am Rande einer Hungersnot: Südsudan, der Nordosten Nigerias sowie Burkina Faso.
Unicef-Helfer aus Burkina Faso berichten, dass sich die Zahl der mangelernährten Kinder rapide erhöht hat, seit die bewaffneten Kämpfe aufflammten. Auch die Nachbarländer Mali und Niger sind betroffen. In der gesamten zentralen Sahelzone haben die gewaltsamen Angriffe in den letzten Jahren stark zugenommen. Viele Familien mussten ihr Zuhause verlassen und leben nun als Binnenflüchtlinge.
Die zentrale Sahelzone ist einer der gefährlichsten Orte zum Aufwachsen für Kinder. Kriege, Klimawandel: Die Zahl der Kinder unter fünf Jahren, die dort an akuter Mangelernährung leiden, könnte sich in diesem Jahr um 21 Prozent erhöhen. In den drei Ländern wären es dann 2,9 Millionen, darunter 890 000 Kinder mit schwerer akuter Mangelernährung.
In vielen Regionen Afrikas spüren die Menschen die Auswirkungen des Klimawandels. Dürren werden länger und intensiver. Es kommt zu extrem starken Überschwemmungen. Trocken- beziehungsweise Regenzeiten werden unvorhersehbarer. In neun Ländern des südlichen Afrikas können derzeit mehr als elf Millionen Menschen aufgrund von Dürren und anderen Extremwetterlagen ihren täglichen Bedarf an Nahrungsmitteln nicht mehr decken. Hunger ist also häufig eine direkte Folge von Klimaveränderungen.
Wieder sind Länder wie Mali, Niger, Südsudan oder Sambia besonders betroffen. Und Mosambik: Im letzten Jahr verwüsteten die Wirbelstürme Idai und Kenneth Mosambik und Teile Malawis und Simbabwes. Kurz darauf verschärfte sich in den stark betroffenen Regionen Mosambiks die Mangelernährung deutlich: Mehr als 1,6 Millionen Menschen hatten nicht genügend zu Essen, weil die Überschwemmungen die Ernten zerstört hatten. Mehr als 3000 Kinder unter fünf Jahren waren so schwer unterernährt, dass sie in akuter Lebensgefahr schwebten.
Eine Heuschreckenplage hat in weiten Regionen des östlichen Afrikas die Ernten vernichtet und Hunderttausenden Bauern ihre Lebensgrundlage genommen. Am stärksten betroffen sind Kenia, Somalia und Äthiopien. In Somalia ist heute jedes zehnte Kind akut mangelernährt. Ein Schwarm von der Größe eines Quadratkilometers kann an einem einzigen Tag die Nahrung von 35 000 Menschen vernichten. Die Heuschreckenplage wird begünstigt durch Klimaschwankungen und starke Überschwemmungen in Ostafrika. Denn ein feuchter und warmer Boden bietet optimale Brutbedingungen. Aktuell bilden sich bereits neue Larven.
2,4 Millionen Kinder sterben
jährlich durch Hunger
Covid-19 wirkt wie ein Verstärker auf die Situation jedes einzelnen Landes. Die Folgen für die Ernährungssituation sind gravierend: Viele Familien haben aufgrund der Lockdown-Maßnahmen im Frühjahr ihre Arbeit und damit ihre Lebensgrundlage verloren. Gleichzeitig sind aufgrund von Importbeschränkungen und Lieferengpässen die Preise für Lebensmittel explodiert. Seit Anfang des Jahres 2020 sind allein in Subsahara-Afrika aufgrund der durch die Pandemie ausgelösten Wirtschaftskrise schätzungsweise 50 Millionen Menschen, so viel wie noch nie zuvor innerhalb eines Jahres, in extreme Armut abgerutscht. Noch immer sind in vielen Ländern Afrikas Schulen geschlossen – Kinder haben nicht nur einen sicheren Ort zum Lernen verloren, sondern auch die einzige Chance auf eine regelmäßige Mahlzeit.
2,4 Millionen Kinder auf der Welt sterben jedes Jahr an den Folgen von Mangelernährung. Diese Todeszahl wäre vermeidbar. Denn wenn akute Mangelernährung rechtzeitig erkannt und behandelt wird haben die betroffenen Kinder sehr gute Chancen, zu überleben und wieder gesund zu werden. Unicef sorgt gerade in Krisensituationen dafür, dass der Ernährungszustand der Kinder regelmäßig überprüft wird. Stark mangelernährte Kinder erhalten zur Behandlung therapeutische Zusatznahrung ein, wie Erdnusspaste oder Spezialmilch. Schon nach wenigen Tagen geht es den meisten Kindern damit deutlich besser. Die therapeutische Zusatznahrung ist so zusammengesetzt, dass schwer mangelernährte Kinder diese Nahrung auch im extrem ausgezehrten Zustand essen, schlucken und verdauen können. Sie enthält zudem lebenswichtige Vitamine und Mineralien.
Sehr junge und sehr geschwächte Kinder erhalten therapeutische Spezialmilch, die über einen Nasenschlauch oder mit einem Löffel in kleinen Portionen verabreicht wird. Viele Kinder müssen auch gegen Durchfall oder Malaria behandelt werden. Denn Mangelernährung ist ein brisanter Kreislauf: Durch Krankheiten sind Kinder oft zu geschwächt, um Nahrung aufzunehmen. Gleichzeitig ist ein mangelernährtes Kind anfälliger für Krankheiten. Wenn es den Kindern etwas besser geht, bekommen sie eine angereicherte Erdnusspaste.
Für Millionen Kinder kam 2020 alles zusammen: Kriege und Dürren, eine verheerende Heuschrecken-Plage und die Coronavirus-Pandemie. In vielen Regionen haben Kinder zurzeit so wenig zu essen, dass sie ohne schnelle Hilfe nicht überleben können. Unterstützen Sie jetzt mit uns das Kinderhilfswerk Unicef.