17-Jähriger im Koma: Jugendliche üben Selbstjustiz
Jugendliche gehen auf Kioskbetreiber los. Ihm werden zu Unrecht Vorwürfe gemacht, betont die Polizei.
Krefeld. Nach dem Beinahetod eines 17-Jährigen an der Dieselstraße ist ein Kioskbesitzer von Bekannten des Jugendlichen als Schuldiger ausgemacht worden. Sie glauben offensichtlich, dass ein Angriff des 54-Jährigen zum Herzstillstand bei dem Jungen geführt habe, und gingen am Samstagabend unter anderem mit einem Totschläger in dessen Kiosk auf den Mann los. Sie beschädigten Teile der Einrichtung, trafen den Mann mit dem Totschläger aber auch am Arm. Zwei Mädchen sollen in dem Kiosk gewesen, zwei weitere Personen draußen Schmiere gestanden haben. Als die Polizei eintraf, waren die Angreifer zwar weg. Es konnten aber Zeugen befragt werden, so dass die Polizei sicher ist, die Täter zu fassen.
Die Ermittler betonen, es gebe keinen Hinweis darauf, dass der 54-Jährige im Zusammenhang mit dem lebensbedrohlichen Zustand des 17-Jährigen steht, der unter einer Herzerkrankung leidet. Die Auseinandersetzung, nach der der Jugendliche am Freitagabend an der Dieselstraße bewusstlos zusammengebrochen ist, war laut Polizei wesentlich harmloser, als bislang angenommen. Demnach wurde er überhaupt nicht geschlagen. Dies hat eine umfangreiche ärztliche Untersuchung ergeben. „Es gab eine verbale Auseinandersetzung. Allenfalls kann man von einer Rangelei sprechen“, sagte Polizeisprecher Wolfgang Weidner der WZ.
Dem Streit war laut Polizei eine sich zuspitzende Auseinandersetzung vorausgegangen, die nach Stunden eskalierte. Demnach soll sich der 17-Jährige mit einer Gruppe von Freunden bereits ab dem späten Nachmittag vor dem Kiosk aufgehalten und Alkohol getrunken haben. Bis in den Abend hinein wurde gezecht — nach Polizeiangaben immer wieder mit dem Hinweis des Kioskbetreibers, nicht so laut zu sein, damit Anwohner und Kunden nicht vergrault werden.
Als dann Flaschen auf einem Auto abgestellt wurden und der 17-Jährige nach Darstellung Weidners auch noch eine Flasche zerschlagen habe, platzte dem 54-Jährigen der Kragen: Er rief die Polizei. Weidner versichert, dass nach aktuellem Ermittlungsstand kein Schlag erfolgt sei. Der 17-Jährige habe sich aber mit einer Scherbe in den rechten Daumen geschnitten. „Das ist die einzige Verletzung, die festgestellt werden konnte“, so der Polizeisprecher. Denkbar sei, dass er sich mit der blutenden Verletzung ins Gesicht gefasst habe und dies von Zeugen später als Schlagverletzung bewertet wurde.
Laut einer Zeugin, die den 17-Jährigen gut eine halbe Stunde später leblos neben einem Wohnhaus an der Dieselstraße aufgefunden hat, habe der Jugendliche Zeichen einer körperlichen Misshandlung gezeigt. Der Schädel sei geschwollen gewesen, wie durch Tritte gegen den Kopf. Zudem sei ihm die Mütze tief ins Gesicht gezogen worden. Der Rettungsdienst musste den Jungen wiederbeleben. Er liegt im Klinikum in einem künstlichen Koma.
Hinweise von Zeugen, wonach es zwischen dem Kioskbesitzer und dem 17-Jährigen zu einer weiteren Auseinandersetzung kam, in der dem Jugendlichen die Schläge versetzt worden sind, konnte die Polizei nicht bestätigen: „Der 54-Jährige wurde zu Hause von einem Bekannten angerufen und auf den Rettungsdiensteinsatz aufmerksam gemacht. Erst da hat er den Jugendlichen wiedergesehen“, so Weidner.