Krefelder Stadtmenschen 90 Jahre und noch immer Bestatterin

Trotz ihres hohen Alters arbeitet Irmgard Zelz noch im familieneigenen Betrieb. Berufung, sagt das Geburtstagskind dazu.

Foto: Dirk Jochmann

Krefeld. „Weil ich Freude am Leben habe“ — so lautet Irmgard Zelz’ Geheimrezept dafür, dass sie das gesegnete Alter von 90 Jahren bei guter Gesundheit erleben darf. Neben sprühender Lebensfreude — die Ehrensenatorin der „Mösche Männekes“ fiebert dem Höhepunkt der närrischen Zeit entgegen — hat die alte Dame vor allem sehr viel Freude an ihrer Arbeit als Bestatterin.

Manchmal lässt Irmgard Zelz alles stehen und liegen. Nicht selten kommt es vor, dass Angehörige von Verstorbenen nur mit ihr sprechen möchten. „Dann bin ich da, und das werde ich solange sein, wie der liebe Gott mich lässt,“ sagt die Krefelderin. „Da sein“, das heißt für sie, den Menschen, die einen Nahestehenden verloren haben, beizustehen, ihnen Trost zu spenden und Mut zuzusprechen. Sich in die Trauernden einzufühlen. „Dies kann man nicht lernen“, sagt Irmgard Zelz. „Das muss im Menschen drin sein.“

Irmgard Zelz über ihre Kindheit

„Tod“ und „Bestattung“ — beides gehört seit Kindesbeinen zum Leben von Irmgard Zelz. Eine todtraurige Kindheit hatte Irmi, so ihr Kosename, als Einzelkind deswegen aber nicht. „Ich hatte viele Freundinnen“, erzählt die gelernte Englisch-Übersetzerin und fährt fort: „Dass wir ein Bestattungsunternehmen hatten, fanden die anderen Kinder spannend.“

„Dürfen wir in den Särgen spielen?“, hieß es da schon mal, aber: „Das ging selbstverständlich nicht, uns sind aber genug andere Späßchen eingefallen“, sagt die 90-Jährige schmunzelnd. Übrigens: Die einstigen Freundinnen aus Kindertagen, mit denen sie später die Handelsschule besuchte, treffen sich noch heute zum gemeinsamen Kaffeetrinken.

Irmgard Zelz absolvierte nach der Volksschule die Handelsschule und war zunächst als Englisch-Übersetzerin tätig. Sie lernte ihren späteren Gatten kennen, der als Brite in der Samt- und Seidenstadt stationiert war. In den fünfziger Jahren siedelte die kleine Familie mit den inzwischen geborenen Zwillingsmädchen nach London über. Hier tat sich für die junge Frau vom Niederrhein eine andere Welt auf. Sie erinnert sich: „In Krefeld hungerten die Menschen und dort gab es alles zu kaufen.“ Neu für die junge Frau war: „Die Engländer waren so elegant, feierten gerne Partys und gingen richtig aus sich heraus, das kannte man hier in den Nachkriegsjahren gar nicht“, erinnert sich die zweifache Groß- und vierfache Urgroßmutter.

Nach ihrer Rückkehr nach Krefeld stieg Irmgard Zelz in das Familienunternehmen ein, das ihr Großvater vor mehr als 100 Jahren gegründet hatte. Heute unterstützt sie das Bestattungsunternehmen Cornelia Zelz mit langjährigen Mitarbeitern und ihren beiden Töchtern. Hat sich die Bestattungkultur verändert? „Anonyme Beerdigungen nehmen zu“, weiß Irmgard Zelz und fährt fort: „Als ich Kind war, haben die Menschen die Gräber ihrer Angehörigen gepflegt. Heute möchten viele Hinterbliebene das aus nachvollziehbaren Gründen nicht.“

Irmgard Zelz, Jahrgang 1927, erinnert sich noch an Zeiten, als Krefeld die reichste Stadt im Umkreis war. Ob sie gerne hier lebt? „Die Zeiten ändern sich“, sagt die Seniorin. Dennoch: Krefeld ist und bleibt „ihre“ Stadt. Die alte Dame findet: „Krefeld ist bunter geworden und ist nicht mehr so steif. Die Menschen freuen sich und kommen mehr zusammen.“

Irmgard Zelz ist gern unter „freudigen Menschen“. Und so beging sie ihren Jubeltag jetzt im Kreis von Familie, zahlreichen Freunden und Kollegen. „Das Haus war voll“, verrät die agile Dame verschmitzt.