Abwassernetz: Ist Krefeld noch ganz dicht?
Gesetz: Bis spätestens 2015 müssen alle Leitungen in der Stadt untersucht werden. Für die städtischen Anschlüsse arbeitet die SWK-Aqua derzeit an einem Konzept.
Krefeld. Auf die gebeutelten Gemeindekassen kommen weitere Ausgaben in Millionenhöhe zu - und auch die privaten Haushalte bleiben nicht verschont. Der Grund ist das neue Wasserhaushaltsgesetz des Bundes, seit März in Kraft, das das Land NRW umsetzt. Es fordert von allen Hauseigentümern, bis spätestens 2015 ihre Abwasserleitungen auf Dichtheit zu prüfen und dabei festgestellte Mängel beseitigen zu lassen.
"Die Dichtheitsprüfung muss von einem qualifizierten Sachkundigen durchgeführt werden", sagt Michael Rögele. Der Leiter von SWK-Aqua, einem Tochter-Unternehmen der Stadtwerke Krefeld, berichtet, dass die für das kommunale Abwassernetz der Stadt zuständige Gesellschaft zurzeit an einem Konzept für die Umsetzung arbeitet. Das ist auch nötig, denn 44000 Hausanschlüsse in Krefeld mit einer Gesamtlänge von 470 Kilometern - private und kommunale zusammengerechnet - werden nicht von heute auf morgen geprüft und gegebenenfalls saniert werden können.
Zumal es in Krefeld gerade einmal 15 Sachkundige gibt. Bis Ende des Jahres soll das strategische Vorgehen für die städtischen Gebäude geplant und dann Gemeinde, Politik und Bürgern vorgestellt werden. Ab spätestens 2012 können die Dichtheitsprüfungen durchgeführt werden. "Voraussichtlich werden wir auch den privaten Hauseigentümern ein Angebot für die Prüfung der Anschlüsse machen", kündigt Rögele an.
Das könnte bei gebietsweisem Vorgehen günstiger werden als ein Einzelauftrag an einen Fachbetrieb. Allein für die Prüfung mit einer Rohrkamera müsse bei einem normalen Hausanschluss mit Kosten von 200 bis 300 Euro gerechnet werden, die bei größerer Kanallänge oder abgewinkelter Führung entsprechend teurer werden könne.
Mit welchen Kosten für die Kanal-Prüfung der kommunalen Liegenschaften zu rechnen sei, könne Rögele erst sagen, wenn er die Zahl der Immobilien und die Länge der Kanalanschlüsse kenne. Ein Betrag in Millionenhöhe sei durchaus realistisch - und dann kämen die Sanierungskosten noch hinzu.
Die Stadt indes könne als Eigentümerin von Schulen, Turnhallen, Kindergärten und Verwaltungsgebäuden noch nicht einmal die Zahl ihrer Liegenschaften benennen und schon gar nicht die Zahl der Kanalanschlüsse, so die Nachricht aus dem Presseamt. Das liege daran, dass verschiedene Ämter wie die Bereiche Bäder, Jugend, Schulen, Liegenschaften und andere alle ihre eigene Statistik führen und es noch kein zentrales Gebäudemanagement gebe.
Solange weiß Beate Zielke als Stellvertreterin auf dem vakanten Kämmerer-Posten auch nicht, wie viele Millionen sie ins Budget stellen soll. Zurzeit wird laut Presseamt die Abwassersatzung der Kommune an das Bundesgesetz angepasst. Die Vorlage nehme dann den Weg über Umwelt- und Planungsausschuss, um schließlich im Dezember im Hauptausschuss des Rates beschlossen zu werden.
Michael Heß, Geschäftsführer der Interessengemeinschaft Haus und Grund, wirft der Stadt vor, ihrer gesetzlichen Verpflichtung zur Information der Öffentlichkeit nicht nachzukommen, obwohl die Städte seit 2007 darüber informiert seien.
Außerdem hätte Krefeld im Gegensatz zu Nachbarstädten wie Kempen das Problem viel zu spät angepackt, was voraussichtlich zu einer Kostenexplosion führen werde, wenn nachher Zehntausende von Hauseigentümern in einem engen Zeitfenster Fachfirmen mit der Dichtheitsprüfung und gegebenenfalls der Sanierung beauftragen müssen.
"Die Preise werden in die Höhe schießen", befürchtet der Rechtsanwalt. Sollte sich die Stadt gar dafür entscheiden - wofür es Hinweise gebe - der einfacheren und weniger teuren Inspektion per Kameradurchfahrt die wesentlich aufwändigere und kostspieligere Wasserdruckprüfung vorzuziehen, verzögere und verteuere sich das Procedere zusätzlich.
Richtig teuer wird es, wenn sich bei der Prüfung der Kanal-Anschlüsse Sanierungsbedarf herausstellt. Die SWK-Aqua lässt als Dienstleister der Stadt die Arbeiten grundsätzlich von lokalen Fachbetrieben durchführen, die daher rosigen Zeiten entgegensehen.
Dabei kommt es auch auf die Art des Verfahrens an. In 80 Prozent aller Fälle sei laut Rögele die kostengünstigere "Inline-Technik" erfolgreich. Bei dieser Methode wird ein Innenrohr eingezogen, das sich an das defekte Altrohr anlegt und dieses abdichtet.
Bei Kosten von etwa 200Euro pro Meter Kanallänge kämen schnell beträchtliche Ausgaben auf die Haushalte zu. Funktioniert dieses Verfahren nicht, verdoppeln sich sogar die Kosten, weil bei der "offenen Bauweise" Erdaushub und neue Rohre nötig werden. Rögeles Rat an Hausbesitzer: "Wer bis Ende der Frist 2015 wartet, muss möglicherweise mit steigenden Preisen rechnen."