Menschenaffen im Zoo Affen-Forscherin Jane Goodall stärkt Krefelder Zoo indirekt den Rücken
Krefeld · Artenschutz ist heutzutage eine primäre Aufgabe seriöser Tiergärten für Tiere, deren Lebensraum immer mehr schwindet. Die Tierrechtsorganisation Peta spricht von Zoos als Gefängnissen.
In der Kontroverse um einen neuen Affenpark hat der Krefelder Zoo indirekt fachkundige Unterstützung bekommen: Die Primaten-Forscherin Jane Goodall sagte dem „Spiegel“, dass die Haltung von Affen in Zoos nicht per se schlecht sei. „Tiere können dort sehr glücklich sein“, so Goodall. Das beurteilt die gemeinnützige Tierrechtsorganisation Peta (People for the Ethical Treatment of Animals = Menschen für die ethische Behandlung von Tieren) ganz anders. „Affen und andere Tiere gehören nicht in Gefangenschaft“, so Peta.
Was plant der Zoo?
Nach dem verheerenden Brand im Affenhaus in der Nacht zu Neujahr will der Zoo Menschenaffen auf deutlich größerer Fläche halten. Für den geplanten Affenpark soll sich die Fläche auf etwa zwei Hektar (20 000 Quadratmeter) vervierfachen. Als Basis dafür dienen die „Best Practice“-Empfehlungen der Europäischen Erhaltungszuchtprogramme (EEP) für Primaten. Bei dem Feuer waren rund 50 Tiere, darunter acht Menschenaffen, ums Leben gekommen.
Wie hoch sind die Kosten?
Die Kosten werden auf 20 Millionen Euro geschätzt. Für die Fortführung der Menschenaffenhaltung wurden bisher knapp zwei Millionen Euro gespendet. Öffentliche Mittel sind bislang nicht zugesagt. Offen ist, wie hoch die Versicherungssumme für das abgebrannte Haus ausfällt, die für den Affenpark verwendet werden soll.
Welche Position bezieht die Affen-Forscherin Jane Goodall?
Die 86-Jährige, die sich seit 60 Jahren mit Menschenaffen beschäftigt, ist davon überzeugt, dass Tiere in Zoos sehr glücklich sein könnten, „vor allem wenn sie dort geboren wurden“. Schlechte Zoos erkenne man daran, dass die Tiere in den Gehegen keinen Ort hätten, an den sie sich zurückziehen könnten. „Ein guter Zoo hat viel Platz, er gibt viel Geld für die Arterhaltung in der Wildnis aus und investiert in Bildung.“
Erfüllt der Zoo diese Bedingungen?
Laut Zoodirektor Wolfgang Dreßen ist das der Fall. Er will den Tieren Rückzugsmöglichkeiten ohne den Einfluss von Pflegern und Besuchern bieten. Auch die von Goodall genannte Bildungsarbeit gehört zum Programm des Zoos, der zudem Arterhaltungsprojekte ideell und finanziell fördert. Den modernen Zoo sieht Dreßen als Antwort auf das Sterben der Arten.
Was hält Peta dem entgegen?
Zoos leisten laut Peta keinen Beitrag zum Artenschutz. Sie könnten kaum langfristig erfolgreiche Auswilderungen vorweisen, dies gelte insbesondere bei Primaten. Auch ein „moderneres“ Zoogebäude in Krefeld bliebe letztlich ein Gefängnis für die Tiere, in dem sie ihren wahren Bedürfnissen niemals nachkommen könnten. „Im Jahr 2020 ist es an der Zeit, nicht länger am sinnlosen Einsperren von Tieren zu unserer Unterhaltung festzuhalten.“ Mit den 20 Millionen Euro für den Wiederaufbau könnte man eine Fläche Regenwald schützen lassen, die 20-mal größer sei als Krefeld.
Gibt es weitere Vorwürfe von Peta gegen den Zoo?
Ja. Neben sieben Gorillas, die in einem anderen Haus untergebracht waren, leben mit der Schimpansen-Dame Bally (46) und dem 27 Jahren alten Limbo zwei weitere Menschenaffen in Krefeld. Beide haben in der Silvesternacht leichte Verletzungen erlitten. Peta wirft dem Zoo vor, dass sie nun unter Bedingungen gehalten würden, die nicht einmal den Mindestanforderungen des Säugetiergutachtens von 2014 entsprechen. Das Primatenrefugium „Wales Ape & Monkey Sanctuary“ und das „Great Ape Project“ hätten angeboten, Bally und Limbo aufzunehmen und auf Lebenszeit zu versorgen. Für den Zoo hätte dies zu keinen Kosten geführt. Zoodirektor Dreßen habe die Abgabe der Schimpansen nach Wales jedoch abgelehnt. Die fortdauernde Haltung der Tiere unter den gegenwärtigen Bedingungen sei ein eklatanter Verstoß gegen das Tierschutzgesetz.
Wie reagiert der Zoo auf diese Vorwürfe?
Nach Ansicht des Zoos sollen Bally und Limbo so bald wie möglich im Rahmen des EEP in andere Zoos umziehen. Die aktuelle Haltung als Paar entspreche nicht dem natürlichen Sozialverhalten von Schimpansen, die in großen, flexiblen Sozialverbänden leben. Der angebotene Umzug nach Wales sei aber keine Option gewesen. „Die Sanctuary ist ein privates Unternehmen, das nicht am Europäischen Erhaltungszuchtprogramm für Schimpansen teilnimmt. Die fachliche Kompetenz ist mir nicht bekannt, es liegt keine wissenschaftliche Reputation vor“, so die Begründung von Zoodirektor Dreßen.