Versicherung Am 30. September zieht die Barmer drei Etagen leer

Nur noch zwölf Mitarbeiter im Riesenklotz am Ostwall. In der WZ äußert sich erstmals Geschäftsführer Frank Berger.

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Krefeld. Nur noch zwei Monate, dann wird es ernst für die fast 120 Mitarbeiter der Barmer GEK. Rund 130 Beschäftigte hat die Krankenkasse in der Region mit den Kreisen Viersen, Kleve und Krefeld, übrigbleiben werden am Standort Krefeld noch zwölf. Und zwar im großen Barmer-Gebäude am Ostwall, wo bislang allein 75 Mitarbeiter auf vier Etagen beschäftigt sind. Am 30. September rückt die Spedition an. Damit nimmt die jahrzehntelange Geschichte der Barmer in Krefeld eine drastische Wende. In den 80ern zählte man hier noch über 200 Beschäftigte. In der WZ spricht erstmals Geschäftsführer Frank Berger über den großen Schnitt.

Er nennt die Umstrukturierung nicht Schnitt, sondern Schritt, und zwar „einen zur richtigen Zeit. Aus Unternehmenssicht ist das jetzt eine Weiterentwicklung, aus Sicht der einzelnen Beschäftigten natürlich eine große persönliche Veränderung, die auch mit einigem Aufwand zu tun hat. Dessen sind wir uns sehr wohl bewusst“.

Die Barmer wird unter anderem in Essen, Dortmund, Düsseldorf, Aachen und Bonn Fachzentren schaffen, an denen die einzelnen bisherigen Fachabteilungen der Geschäftsstellen zu Bereichen wie Krankenhaus, Krankengeld oder Hilfsmittel künftig zusammengezogen werden. Heißt: Das Gros der Kollegen, die in der Region Krefeld für etwa 94 000 Versicherte zuständig waren, verbringt künftig mehr Zeit auf der Straße. Je nachdem, in welcher Abteilung sie dann beschäftigt sind.

„Nicht alle bleiben in der bisherigen Fachlichkeit“, erklärt Berger, „wir haben über die letzten zwei Jahre viele Umschulungen durchgeführt.“ Gemeinsam mit Verdi habe man über einen gesonderten Tarifvertrag verhandelt. „Jeder Mitarbeiter hat ein zumutbares und geeignetes Angebot für einen neuen Arbeitsplatz, nach Möglichkeit in Wohnortnähe, bekommen. Dies war auch in der Region Krefeld der Fall.“ Die Stimmung sei aber mittlerweile gut. „Als klar wurde, dass wir umbauen müssen, da gab es auch große Unsicherheiten.“

Die Barmer habe aber schnell deutlich gemacht, dass man den Abbau von 17 000 auf 13 500 Stellen bundesweit sozialverträglich stemmen wolle. „Das haben wir auch geschafft, alle haben Angebote bekommen.“ Die Barmer ist im Umbruch, passt sich nach eigener Aussage dem Wettbewerb an, „wo“, so Berger, „alle ihre Hausaufgaben machen müssen. Als gesetzliche Kasse sind wir zwar eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, stehen aber natürlich trotzdem voll im Wettbewerb.“

Das Berufsbild des Beraters, die Arbeitsabläufe hätten sich geändert, vieles laufe automatisiert ab, Stichwort: papierloses Büro. „Früher zum Beispiel kam ein Schreiben, ein Mitarbeiter nahm es auf und pflegte es händisch ins System ein. Heute werden etwa Adressänderungen durch die sogenannte Dunkelverarbeitung komplett maschinell verarbeitet.“ Heißt: Die Maschine registriert eine neue Anschrift und verändert gleich die Daten. Zum Credo gehöre auch: Wer effektiver arbeite, könne dem Kunden attraktive Angebote machen.

Zunächst mal müssen Kunden aus Willich, Nettetal, Kempen oder Goch aber nach Krefeld, Kleve, Geldern oder Viersen reisen, wenn sie eine Beratung in der Geschäftsstelle wünschen, die Filialen dort wurden geschlossen. „Der Krefelder Kunde“, meint Berger, „wird davon nichts merken.“

Fakt ist: Ab 1. Oktober stehen in dem Riesenklotz am Ostwall die Etagen vier bis sechs leer. Insgesamt 1500 Quadratmeter, die das Gebäudemanagement für zehn bis elf Euro pro Quadratmeter feilbietet. Nicht nur Berger hofft auf schnelle Nachvermietung.“