Energie Amprion baut neue Stromleitung zwischen Wesel und Krefeld
Hüls. · Der Dortmunder Netzbetreiber Amprion plant den Ausbau einer vorhandenen Höchstspannungsleitung, die das Krefelder Stadtgebiet vor allem im Bereich Hüls berührt. Zum Info-Termin im Seidenweberhaus sind auch besorgte Bürger aus Hüls gekommen.
Auf den Stehtischen im Foyer des Seidenweberhauses liegen Energiehappen in Form von Schokolade und Gummibärchen bereit. Doch den Besuchern des „Bürgerinformationsmarktes“ der Firma Amprion geht es um Energie der ganz anderen Art: Der Dortmunder Netzbetreiber plant den Ausbau einer vorhandenen Höchstspannungsleitung, die das Krefelder Stadtgebiet vor allem im Bereich Hüls berührt. 40 bis 50 Anwohner sind gekommen, um sich über mögliche Auswirkungen auf ihre Häuser und Grundstücke zu informieren. Dabei werden auch kritische Stimmen laut.
Schon seit 1926 gibt es die 220-Kilovolt-Freileitung zwischen Wesel und Hüls. Auf einem 15 Kilometer langen Abschnitt vom Umspannwerk Utfort (Stadt Moers) zum sogenannten Punkt Hüls-West ist der Neubau einer 380-kV-Leitung auf der vorhandenen Trasse geplant. Sie würde die alte Freileitung ersetzen. Im Folgeabschnitt zwischen Hüls und dem Umspannwerk St. Tönis sollen die vorhandenen Masten, die 1980 errichtet wurden, nur neu „beseilt“ werden: Die 220-kV-Leitungen werden dann durch höher hängende 380-kV-Verbindungen ersetzt.
Stromverbindung von Koblenz bis zu den Niederlanden
Warum überhaupt sollen die Leitungen erneuert werden? Nach Auskunft von Amprion hängt dies mit der Energiewende und dem steigenden Strombedarf zusammen. Mit der neuen Höchstspannungsleitung könne die gesetzliche Verpflichtung einer sicheren Energieversorgung erfüllt werden. Denn Amprion könne dadurch die Übertragungskapazität im nördlichen Rheinland erhöhen.
Zusammen mit drei weiteren Projekten entstehe eine Stromverbindung, die über Koblenz bis zur niederländischen Grenze führt. „So kann zukünftig regional überschüssiger Strom aus dem erzeugungsstarken Nordwesten des Landes in die südlichen Verbrauchszentren transportiert werden“, sagt Amprion.
Widerstände aus der Bevölkerung könnten zu Verzögerungen bei der Umsetzung führen. Daher hat Amprion schon frühzeitig insgesamt vier Info-Veranstaltungen angesetzt. Nach dem Termin in Krefeld finden sie in Moers, Rheinberg und Voerde statt. So wie beim Auftakt in Krefeld werden in lockerer Form und in Einzelgesprächen Luftbildpläne und die zum Einsatz vorgesehene Leitungsbau-Technik vorgestellt sowie Fragen zu elektrischen und magnetischen Feldern beantwortet. Neben Krefeldern sind auch St. Töniser zum Termin im Seidenweberhaus gekommen und beäugen kritisch die ausgehängten Karten.
Ein 65-jähriger Hülser, der zur Bürger-Info gekommen ist, hat einige Fragen und Anmerkungen. „Ich war bisher immer davon ausgegangen, dass die Leitung unterirdisch verlegt wird. Nur das macht doch Sinn“, sagt er. Wolfgang Achilles vom Rohrammerdyk ist nicht zufrieden mit den Antworten. „Ich wollte wissen, wie weit genau die Leitung von meinem Grundstück entfernt verläuft. Doch wenn man hier fünf Leute von Amrpion fragt, die immer alle sehr freundlich sind, bekommt man fünf verschiedene Antworten.“
Ursula Baumeister, die am Kiebitzdyk wohnt, sorgt sich um die Wertminderung der Häuser und drohende Gefahren durch die elektromagnetischen Spannungen: Schon jetzt gebe es auffällig viele Krebserkrankungen im Wohngebiet. „Ob die Stadt Krefeld hier unsere Interessen vertritt?“, fragt sie zweifelnd. Von der Politik habe sich nur Thorsten Hansen (Grüne) blicken lassen – „und der wohnt auch in Hüls“.
„Die nach der Bundesemissionsschutzverordnung festgelegten Grenzwerte unterschreiten wir deutlich“, sagt Claas Hammes, Projektsprecher bei Amprion. Die von Bürgern gewünschte unterirdische Verlegung sei nie vorgesehen gewesen. Hier gebe es möglicherweise eine Verwechslung mit der derzeit ebenfalls geplanten Gleichstromleitung A-Nord. Gemäß Energieleitungsausbaugesetz werde eine Erdkabelvariante für die jetzt geplante 380-kV-Leitung lediglich für die Rheinquerung geprüft.
Ende des Jahres möchte Amprion das Genehmigungsverfahren bei der Düsseldorfer Bezirksregierung einreichen. Der eigentliche Baubeginn ist für 2022 vorgesehen – sofern es keine Verzögerungen gibt.