Provisorische Straßen Anwohner müssen in die Tasche greifen
Stadt will provisorische Straßen nach Jahrzehnten fertigstellen. Den Ausbau zahlen bis zu 90 Prozent die Grundstückseigentümer.
Krefeld. Etwa 200 Straßenabschnitte in Krefeld sind bislang noch nicht fertiggestellt. Dabei sind sie teils schon 40 Jahre alt. Ein bekanntes Beispiel aus der Vergangenheit hierfür ist die Kliedbruchstraße (die WZ berichtete). Während die Anwohner oftmals die unbefestigten Gehwege und den fast ländlichen Charme lieben und angenommen haben, spricht die Verwaltung zum Teil von Baustraßen und Provisorien. Ein Teil von ihnen soll in den nächsten zehn Jahren ausgebaut werden.
Baudezernent Martin Linne spricht bei diesen Straßen von Altfällen, um deren Abrechnung die Stadt nicht herum komme. Im Bauausschuss beantwortete die Verwaltung mehrere Anfragen der Fraktion „Die Linke“. Die wollte unter anderem wissen, wie viele solcher Straßen das sind und wie hoch die noch abzurechnenden Gebühren sind?
Auch der baupolitische Sprecher der SPD begrüßt die Anfrage. „Das interessiert die Bürger, weil es an ihr Geld geht, aber auch die Politiker, weil im Rahmen der Haushaltsberatungen Erträge auf der Habenseite auch eine Rolle spielen“, sagt Jürgen Hengst.
Bis zu 90 Prozent des beitragsfähigen Aufwandes werden bei neuen Straße auf die angrenzenden Grundstückseigentümer umgelegt, 60 bis 65 sind es im Durchschnitt bei der Fertigstellung älterer Straßen.
Allein eine Summe von 2,43 Millionen Euro (bei 90 Prozent) wird die Stadt in diesem Jahr abrechnen für den erfolgten Ausbau der Leidener Straße (von Kempener Straße bis Reepenweg), Dakerstraße, Fichtenhainer Allee, Hans-Bos-Straße und Kaiserswerther Straße (von Lanker- bis Düsseldorfer Straße). 1,43 Millionen Euro davon haben die Anlieger schon im Voraus bezahlt.
Diese Vorgehensweise ist laut Hengst auch eine Frage von Gleichheit und Gerechtigkeit. Während heutzutage in Neubaugebieten die Straßen direkt so ausgebaut werden, dass sie vollständig abgerechnet werden können, sei das bei konkret zehn alten Straßen in Krefeld bis heute nicht der Fall.
Ein Grund dafür ist zum einen der hohe Investitionsbedarf. Um diese Straßen herrichten zu können, ist laut Martin Linne jeweils eine sechsstellige Summe erforderlich. „Wir können aber nur abrechnen, wenn wir vorfinanzieren und die Straßen auch endgültig fertiggestellt haben.“
Andererseits werde derzeit überlegt, die bisherigen Beitragserhebungsmodalitäten umzustellen. „Das jetzige Verfahren ist sehr personalintensiv; in anderen Städten gibt es einfachere, schneller Verfahren.“ Dennoch sei es eine Illusion, zu glauben, die Straßen innerhalb der nächsten zehn Jahre abzuwickeln.