Architekt Gerhard Benz: „Die Königsburg ist ein Kunstwerk“

Architekt Gerhard Benz findet, die Stadt sollte mehr Verantwortung übernehmen.

Foto: Dirk Jochmann

Krefeld. Architekt und Designer Gerhard Benz hat die Königsburg im Auftrag von Giovanni D’Ettore innerhalb eines Jahres konzipiert, entworfen und umgebaut, bevor sie 1987 an der Königstraße als Diskothek eröffnet wurde.

Herr Benz, was halten Sie davon, dass die Königsburg abgerissen wird?

Gerhard Benz: Die Königsburg sollte der Stadt Krefeld als Ort der Begegnung mit einmalig städtischer Geschichte erhalten bleiben. Der Ort als Großraumdisco ist natürlich nicht mehr zeitgemäß, aber der Veranstaltungsraum als solcher im Zentrum der Stadt hat eine lange Tradition, die bundesweit ihres gleichen sucht. Ich verstehe nicht, warum die Stadt das Gebäude nicht zurückkauft und es wie das Seidenweberhaus, zum Beispiel in Form einer kommunalen Trägerschaft in Verbindung mit einer gGmbh (gemeinnützigen GmbH, Anmerkung der Redaktion), mit engagierten Bürgern weiterführt. Warum übernimmt die Stadt keine Verantwortung? Viele Generationen Krefelder Bürger sind damit leidenschaftlich groß geworden und verbinden damit eine fast ununterbrochene Unterhaltungsgeschichte in jeweils zeitspezifischer Art.

Was macht die Architektur so besonders?

Benz: Architektonisch gab es das zu der Zeit so noch nicht in der Gastronomie. Es wurde eine Landschaft, die sich aus dem seinerzeit aufgegebenen Veranstaltungsobjekt völlig neuartig und losgelöst entwickelt hatte. Erschlossen über ein zentrales und kreuzungsfreies Treppenmodul, führen alle Bewegungsabläufe der Besucher immer weiter und erfordern keine Umkehr, um sich das gesamte Objekt zur Gänze zu erschließen. Ich habe mich gefragt: Wie lassen sich über mehrere offene Ebenen sehr viele zu erwartende Besucher in einen derart zu verdichtenden Hallenraum dazu verleiten, sich geradezu hineingezogen zu fühlen? Mit jedem Schritt sollten sich neue Perspektiven und Eindrücke auftun, und Bewegung als Leitmotiv von Musik und Licht nicht nur für die Tanzenden stattfinden. Der Ort sollte wie eine konkrete Filmkulisse wahrgenommen werden, in der alle ihre Mitwirkung elementar spüren und der Ort sein Geheimnis trotzdem bewahrt. So etwas gab es zu der Zeit in dieser Branche nirgendwo.

Dass die Innenarchitektur eher wie eine begehbare Skulptur, ein Kunstwerk, ist, wurde ihrer Aussage nach von der Verwertungsgesellschaft Bild und Kunst so gesehen und von Gerichten urheberrechtlich bestätigt. Können Sie erklären, warum das so ist?

Benz: Es ist vielleicht die Unvergleichlichkeit mit einem seinerzeit so bewerteten Alleinstellungsmerkmal. So etwas kannte man in der deutschen Innenarchitektur und in einer solch speziellen Nutzung bis dahin nicht und es gibt bis heute nicht wirklich Vergleichbares.

Die Stadt behauptet in ihrer Stellungnahme, dass unter anderem durch einen Wasserschaden die Innenausstattung stark in Mitleidenschaft gezogen wurde und Änderungen daran, keine Unterschutzstellung als Denkmal rechterfertige. Was sagen Sie dazu?

Benz: Mit meinem Gesamtkonzept und der Gestaltung der Königsburg wurde zu meiner großen Enttäuschung lange Zeit so umgegangen, als gäbe es mich als Planer namentlich gar nicht. Ich musste nach der Fertigstellung, wie so häufig in der Branche, mein Honorar natürlich einklagen und auch, dass mein Name überhaupt genannt wurde, wenn Bilder der Innenarchitektur veröffentlicht wurden. Von daher war ich auch in der Zeit des schwierigen Übergangs von einem Besitzer auf den nächsten über solche Vorgänge und deren Abläufe nicht informiert. Was daran also Wirklichkeit oder Wunsch war, kann ich in diesem Kontext nicht bewerten. Jede Änderung der Raumgestalt hätte aus Gründen einer ganz normalen Umgangsform mit Architektur in einem solch speziellen Fall mit dem Urheber abgesprochen werden müssen. Für die Halle selbst war eine grundlegende Veränderung meiner maßgeblichen Ausgangsgestaltung aber auch nach dem angeblichen ,Vorfall’ nicht festzustellen.

Waren Sie denn noch mal in Königsburg?

Benz: Ja, nach der Neueröffnung 2005 war ich da. Von einem Wasserschaden höre ich zum ersten Mal.

Wie haben Sie das Jahr der Bauzeit in Erinnerung?

Benz: Ich habe dort quasi seit dem Tag meiner ersten Begehung gewohnt. Nachts habe ich in der Baustelle das überlegt und entworfen, was wir mit einer großen Bautruppe und kleineren Handwerksfirmen am nächsten Tag umgesetzt haben. Das war eine unvergleichlich intensive und ungewöhnliche Zeit. Giovanni D’Ettore hat mir als Bauherrn absolut freie Hand gelassen und den Rücken freigehalten.

Was wäre Ihre Vision für das Gebäude heute?

Benz: Das Gebäude hatte im äußeren Erscheinungsbild, als wir es von der Stadt für den Umbau zu einer Diskothek übernahmen, eine aufgrund des Krieges sehr sparsame, aber gleichsam elegant reduzierte Bauhaus-Struktur erhalten. Mit wenig Geld und einfachen Linien wurde nach dem Krieg seinerzeit gearbeitet, dahin sollte man es zumindest zurückbauen und bewahren, es entspräche eh einer heute modernen Stadthausstruktur. Gerne würde ich natürlich für einen Innenbau nach heutigem Ermessen für die Stadt belebende Veranstaltungen noch einmal gestalterisch antreten und nach richtungsweisenden Nutzungen mit engagierten Bürgern der Stadt Ausschau halten dürfen.