Auf zu neuen Ufern: Die Theater-GmbH kommt
Trotz aller Bedenken soll es zum Jahreswechsel soweit sein. Heute werden die Weichen gestellt.
Krefeld. Jede Scheidung ist schwer. Das gilt für die persönlichen Befindlichkeiten wie auch für den Papierkram, der zu erledigen ist. Insofern kann es nicht überraschen, dass der Weg des Theaters in die Eigenständigkeit bislang einigermaßen steinig war. Bei der entscheidenden Zusammenkunft im Mai kam es zum offenen Zwist: "Empört" und "fassungslos" reagierte die Politik auf die dürftige Informationspolitik der Städte Krefeld und Mönchengladbach.
Nun kommt Bewegung in die Sache. Nach einigen Gesprächen, die in den vergangenen Wochen im kleineren Kreis stattgefunden haben, soll am Mittwoch im Theater-Kuratorium ein deutliches Signal für die Gründung einer gemeinnützigen GmbH erfolgen. Für den Beschluss, die Rechsformänderung "unverzüglich vorzubereiten" und die Theatergebäude auf die gGmbH zu übertragen, zeichnet sich eine Mehrheit ab.
Über der Debatte schwebt noch immer das Damoklesschwert einer potenziellen Steuer-Nachforderung in Millionenhöhe. Mit dem Beschluss will die Politik deshalb ein Signal an die Finanzbehörden senden, dass die GmbH-Gründung grundsätzlich gewollt ist. Zugleich fordert sie eine "verbindliche Auskunft" des Finanzamtes, dass dieser Schritt das Problem aus der Welt schafft. "Einen steuerpolitischen Blindflug können wir uns nicht leisten", sagt Krefelds Kulturdezernent Roland Schneider.
Fest steht: Das Finanzamt sieht die jetzige Rechtsform des Theaters kritisch und droht, ihm die Gemeinnützigkeit zu entziehen. Diese Bedenken wurden jedoch nie schriftlich geäußert, es gibt lediglich Gesprächsnotizen. Unklar sind die Rechtsfolgen: Eine Umsatzsteuer kommt, wie berichtet, für das Theater wohl nicht in Betracht, eine Gewerbesteuer wird mangels Gewinn auch nicht erhoben. Was bleibt, ist die Möglichkeit, dass - etwa durch den Verkauf des alten Schauspielhauses in Mönchengladbach - in Zukunft doch ein Gewinn entsteht. In diesem Fall müsste die jetzige Theater-GbR (Gesellschaft bürgerlichen Rechts) eventuell Steuern zahlen. So oder so bleiben die steuerlichen Fragen - wie sie von Anfang an waren - nebulös.
Diese Frage kommt bisher in der Debatte viel zu kurz. Lediglich die Intendanten - der scheidende Jens Pesel und der kommende Michael Grosse - haben die organisatorischen und letztlich auch wirtschaftlichen Vorteile betont. Die Unternehmensberatung Ac-tori gibt ihnen Recht.
Bislang sind die Städte für die Theatergebäude zuständig. Nun sollen sie auf die GmbH übertragen werden, inklusive der dafür im städtischen Haushalt vorgesehenen Gelder - eine komplexe Aufgabe mit vielen Fallstricken. Kulturdezernent Schneider vergleicht das mit einem Mietvertrag: "Wie einem Privathaus wird minutiös geregelt, wofür der Vermieter zuständig ist und wofür der Mieter."
Dass die Stadt verantwortlich ist, wenn zum Beispiel die in die Jahre gekommene Untermaschinerie des Theaters den Geist aufgibt, versteht sich laut Schneider von selbst. Auch für Hans-Peter Kreuzberg (CDU) ist klar: "Wenn das passiert, muss die Stadt Krefeld dafür geradestehen." Dennoch darf es bei einem solchen Millionenschaden laut Schneider "keinen Automatismus" geben, der die Städte unverzüglich in die Pflicht nimmt.
Die Verträge zur Überleitung der bislang städtischen Beschäftigten in die gGmbH sind ebenfalls vorbereitet. Hier hat vor allem die SPD noch offene Fragen. Neben anderen Rechten der Arbeitnehmer möchte deren Kulturexperte Klaus Kokol auch die sogenannte Drittelparität sichern. Bei Betrieben mit über 500 Beschäftigten stellen die Mitarbeiter ein Drittel des Aufsichtsrats. "Das Theater kommt auf diese Zahl", sagt Kokol. "Wir werden keine Trickserei dulden, mit der das heruntergerechnet wird."
Hier zeichnet sich eine Wende ab. War bisher stets davon die Rede, dass der Aufsichtsrat künftig hinter verschlossenen Türen tagt, scheint nun eine Sonderregelung möglich. Der Transparenz würde das sicher gut tun: Wie viel Vertrauen durch Geheimniskrämerei zerstört wird, zeigt nicht zuletzt die unglückliche Debatte zur GmbH-Gründung.
Nun ist das Finanzamt gefordert. So lange keine verbindliche Auskunft zu den steuerlichen Fragen vorliegt, ruht der Prozess. Danach entscheiden die Räte der beiden Städte über die GmbH-Gründung. Zeitliches Ziel ist der Jahreswechsel 2010/11. Entwürfe zum Vertragswerk werden in der heutigen Sitzung des Kuratoriums verteilt - komplizierter Lesestoff für die Sommerferien.