Kommentar Aufwachen, Krefeld! oder Was ist ihr Plan, Herr Meyer?
Es ist ja ganz hübsch, wenn das Stadtmarketing die Image-Reihe „Made in Krefeld“ auflegt. Es ist sicher nicht verkehrt, wenn die Wirtschaftsförderung die Vorzüge der Stadt nach Fernost trägt. Das Potenzial ist da.
Noch. Aber das reicht nicht aus für eine gute und sichere Zukunft. Krefeld braucht ein ganz klares Bekenntnis von Verwaltungsspitze und Politik zum Industrie-Standort. Einen Plan. Und jemanden, der ihn umsetzt.
Die Forderung von Gewerkschaften und Industrie nach einem Wirtschaftskoordinator ist darum genau richtig. Die Kräfte bündeln, die unterschiedlichen Qualitäten, die eine moderne Großstadt künftig bieten muss, berücksichtigen. Wer nicht den Anschluss verlieren möchte, muss den Spagat schaffen zwischen Lebensqualität, attraktiver Wohnbebauung, ausreichenden Gewerbeflächen und einer starken Wirtschaft, die Fachkräfte und Leistungsträger in die Stadt lockt. Das funktioniert auf Dauer nicht, wenn jeder für sich wurschtelt.
So ein Koordinator wäre ein guter Anfang, bestens investiertes Geld und das richtige, wenn auch späte, Signal an Unternehmen und Investoren in und außerhalb Krefelds. Er muss bei der Stadt-Verwaltung angesiedelt sein, auf der Schnittstelle zwischen Stadtmarketing, Wirtschaftsförderung und Bauplanung. Im Zuge der Umstrukturierung der Verwaltung mit der Anstalt öffentlichen Rechts muss sogar darüber nachgedacht werden, diese Kompetenzen zusammenzulegen. Das ist der Grund, warum Top-Manager wie Chempark-Leiter Ernst Grigat die Stadtspitze auffordern, eine Strategie mit klaren wirtschaftlichen Eckpfeilern zu entwickeln. Wie soll Krefeld 2040 aussehen?
Heute steckt Krefeld in Zahnpasta, Autos, Kunstrasenplätzen, überall auf der Welt. Sogar im Pariser Eiffelturm. Exportquote: 58 Prozent. Logistisch ist der Standort eigentlich Weltklasse. Luft, Schiene, Wasser, Autobahn. Von Duisburg aus gibt’s sogar eine Güterzug-Verbindung nach China. Die Häfen in Neuss und Krefeld sind die einzigen noch ausbaufähigen hier am Rhein. Die Erweiterung der A57 steht auf dem Plan. Die Zukunft ist da, man muss sie nur greifen.
Das gilt für die Industrie selbst, die ihrerseits Tarifbindung und Ausbildung gewährleisten muss. Das gilt für OB Meyer, der wenigstens die über Jahre eingeschlafenen Gespräche mit der Industrie wieder aufgenommen hat. Aber da muss noch viel mehr kommen. Das gilt für die Politik, die endlich auch in Düsseldorf anfangen muss, für den Standort Krefeld zu kämpfen. Warum werden Teile des Hafens als nicht schützenswert eingestuft? Wir brauchen diese Erweiterungsflächen.
Industrie ist nicht alles, aber ohne Industrie wird das nichts. Das Selbstverständnis von Samt und Seide fällt aus der Zeit. Aufwachen, Krefeld!