Betrugsprozess um Adressdaten: Zeugen haben selbst keine weiße Weste
Im Prozess um Betrug mit Adressdaten sagen Callcenter-Chefs aus.
Krefeld. Im Prozess um den Betrug mit Kundenadressen vor dem Landgericht haben jetzt drei Adresshändler ausgesagt. Dem Krefelder William F. (27) wird vorgeworfen, mit aufgekauften Daten von ehemaligen Gewinnspiel-Kunden Straftaten begangen zu haben. Laut Anklage ließ er Inkassounternehmen Forderungen in ganz Deutschland eintreiben. Doch tatsächlich schuldeten die Opfer dem Unternehmen des mutmaßlichen Betrügers nichts, viele zahlten aus Angst trotzdem.
Alle drei Zeugen betrieben Callcenter und kauften bei William F. Adressdaten. In Einzelfällen kaufte F. jedoch auch bei den Callcenter-Betreibern. Die Frage war nun: Hat der Angeklagte auch die Forderungen gegenüber den Kunden mit gekauft, wie er behauptet. Die Zeugen sagten übereinstimmend, dass William F. von ihnen nur die Adressdaten erhalten habe. Der Zeuge B. erklärte sogar, er habe gar nicht über die Forderungen verfügen können, da seine ehemalige Firma nichts mit der Zahlung und Abwicklung zu tun hatte. Ebenfalls übereinstimmend gaben die Zeugen wieder, was der Angeklagte ihnen im Rahmen des Adresshandels über den Verwendungszweck gesagt hatte. Die Daten sollten demnach für den Weiterverkauf genutzt werden.
Die drei Verteidiger des Angeklagten griffen die Zeugin H. massiv an. „Ich glaube Ihnen nicht“, rief einer der Rechtsanwälte. Dass die Zeugen selbst keine weiße Weste haben und in einem moralisch zweifelhaften Geschäftsfeld tätig waren, mache sie angreifbar. Glaubhaft war hingegen eine weitere Übereinstimmung: William F. brauchte bei zwei der Zeugen nach dem vertraglich geregelten Adresshandel noch eine weitere Unterschrift. In dieser Zusatzvereinbarung, die ihm die „Verarbeitung“ der Daten erlauben sollte, waren die Namen der Gewinnspieldienste minimal abgeändert. In dieser wichtigen Frage erklärte der Zeuge B., dass er die Vereinbarung nicht selbst geschrieben habe, sondern einen vom Angeklagten vorgegebenen Text mit seinem Briefkopf versehen hätte. Der kleine Fehler bei den Firmennamen sei ihm „in der Hektik“ nicht aufgefallen.
Die Namen der nicht existierenden Gewinnspiel-Firmen tauchten auf den Briefen der Inkasso-Unternehmen auf, mit denen angebliche Kunden zur Zahlung aufgefordert worden waren. Hunderte Beschwerden und Anzeigen waren die Folge. Es entstand ein Schaden von 1,35 Millionen Euro, 760 000 Euro davon sollen an F. geflossen sein. Das Verfahren wird heute fortgesetzt.