Zweiter Weltkrieg Kriegsbomben bleiben eine Gefahr
Keiner weiß, wie viele Blindgänger noch im Boden schlummern. Die meisten werden aber gezielt gesucht.
Auch 70 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges ist Krefeld noch Bombengebiet. Alle paar Tage werden kleinere Sprengkörper gefunden, etwa zweimal im Jahr stoßen Bauarbeiter auf Fliegerbomben - Fünf-Zentner-Bomben mit einer Sprengkraft, die dazu führt, dass ein Bereich 250 Meter um den Bombenfund evakuiert werden muss. Erst Anfang des Monats wurde wieder solch ein Blindgänger an der Alten Gladbacher Straße entdeckt.
„Es sind Hinterlassenschaften der Alliierten, aber auch der Deutschen auf dem Rückzug,“ sagt Wilfried Rheinfelder von der Feuerwehr Krefeld. Er gehört zum sogenannten Lagedienst der Feuerwehr, der die Funde in Krefeld sichtet und feststellt, um was für eine Bombe es sich handelt. Ist die Bombe bereits weitestgehend freigelegt, ist dies schnell zu erkennen. „Häufig ist aber nur ein kleiner Teil zu sehen. Viele Bomben haben nach der langen Zeit auch starke Anhaftungen“, so Rheinfelder. Dann teilt der Lagedienst zumindest seinen Verdacht dem Kampfmittelbeseitigungsdienst der Bezirksregierung mit. Der kommt aus Düsseldorf und übernimmt die Bergung. „Das sind Experten, die den Einsatz vor Ort leiten. Der Lagedienst dient dann als Kontaktmann vor Ort“, so Rheinfelder. Denn die Entschärfung muss gut mit der Evakuierung koordiniert werden. Zuletzt waren dazu über hundert Einsatzkräfte unter anderem von Feuerwehr, DRK, Maltesern und Johannitern notwendig.
Der Fund Anfang Oktober war gleich in mehrerlei Hinsicht ein besonderer. Zum einen wegen seiner Größe, denn die meisten Blindgänger, die gefunden werden, sind wesentlich kleiner: Granaten, Panzerfäuste, Munition, aber auch Stabbrand- und Phosphorbomben. „Es gibt auch Zehn-Zentner-Bomben, aber eine solche haben wir in den fast 30 Jahren, die ich dabei bin, in Krefeld noch nicht gehabt,“ sagt Rheinfelder.
Die letzte Bombe wurde zufällig entdeckt. „Keiner weiß, wie die da hingekommen ist. Das Gelände galt vorher als unverdächtig,“ sagt Rheinfelder. Die meisten Bomben werden bei gezielten Suchen entdeckt. Wenn ein Bauherr in den Boden eingreift, benötigt er eine Kampfmittelfreigabe. Aufgrund des Antrages wird ein Grundstück mittels Luftbildaufnahmen bei der Bezirksregierung Düsseldorf nach Blindgängern untersucht.
Gibt es einen konkreten Verdachtsfall, dass dort Blindgänger liegen, rückt der Kampfmittelbeseitigungsdienst an und sondiert das Areal, denn die Bomben können in mehreren Metern Tiefe liegen. „Wenn es nur zwei bis drei Meter sind, geht das von der Oberfläche aus“, erklärt Rheinfelder. Liegt die Bombe tiefer, werden Bohrungen vorgenommen und Sonden in die Erde hinab gelassen.
Die Luftbilder, die bei der Suche nach Blindgängern helfen sind nicht immer ganz eindeutig. Was nach einem Bombentrichter aussieht, könne auch manchmal nur ein Baumschatten sein, so Rheinfelder. Eine seriöse Einschätzung , wie viele Blindgänger im Boden schlummern, gibt es laut Stadt nicht. Aber „die meisten Bauunternehmer in Krefeld sind für das Thema sensibilisiert, die Arbeiter wissen mit solchen Situationen umzugehen“.
Bei jedem Blindgänger-Fund
besteht Lebensgefahr
„Die Alliierten-Flugverbände sind strategisch vorgegangen,“ sagt Rheinfelder. Zuerst seien die sogenannten „Blockbuster“ abgeworfen worden, zu denen auch die Fünf-Zentner-Bomben gehören. „Die sollten die Gebäude knacken. Dann kamen Phosphorbomben oder Stabbrandbomben, die ebenfalls Phosphor enthalten.“ In Verbindung mit Sauerstoff entzündet sich das Phosphor, im Krieg setzte es die Dachstühle in Brand.
Phosphorbomben können mit verhältnismäßig geringem Aufwand vom Kampfmittelbeseitigungsdienst mit speziellen Behältern und in speziellen Fahrzeugen zu einem Munitionszerlegebetrieb transportiert werden. Doch auch, wenn solche Einsätze Routine sind, ungefährlich sind sie keineswegs. „Einem Kollegen vom Lagedienst ist vor Jahren einmal Phosphor auf die Haut gespritzt. Diese Wunden verheilen zeitlebens nicht“, sagt Rheinfelder. Darüber hinaus gilt für alle Bombenfunde, ob groß oder klein, vor allen Dingen eines: Es besteht Lebensgefahr.