Bombennacht in Krefeld: Vom Elternhaus war nur noch ein Trümmerberg übrig

Zeitzeuge Hede Stegmeier begab sich am nächsten Morgen auf die Suche nach ihrer Familie. Ihr Opa hatte versucht, noch etwas aus dem Haus zu retten.

Krefeld. Als die Bomben fielen, war ich nicht in Krefeld, sondern zwölf Kilometer weiter in Meerbusch. Der Drahtfunk meldete feindliche Verbände auf dem Anflug Raum Düsseldorf-Krefeld. Im Moment hatte ich das nicht so ernst genommen.

Aber trotzdem, am nächsten Morgen fuhr ich mit der K-Bahn Richtung Krefeld. Drei oder vier Haltestelle vor dem Bahnhof war Schluss. Ab da musste man zu Fuß gehen.

Je näher ich dem Bahnhof kam, desto schlimmer wurde die Zerstörung. Viele Häuser auf dem Ostwall waren zerstört, aus den Trümmern kamen Hitzewellen. Ich lief weiter, das Haus meiner Großeltern auf der St. Antonstraße fast an der Ecke Ostwall, war total zerstört.

Mein Großvater war in dieser Nacht mit den übrigen Hausbewohnern im Keller. Da fiel ihm auf einmal ein, er habe etwas vergessen, was er unbedingt noch holen müsste. Er ließ sich nicht abhalten, stieg die Kellertreppe hoch und in dem Moment kam eine Bombe runter, anschließend noch Brandbomben.

Später fand man einige verkohlte Knochen von Großvater. Wir hofften, dass der Luftdruck ihm die Lungen zerrissen hat und er nicht irgendwo eingeklemmt lebendig verbrannt wurde.

Ich lief weiter über die Hohenzollernstraße, Grafschaftsplatz. Von dort sah man immer das Haus meiner Mutter auf dem letzten Stück des Grüner Dyks. Kein Haus, nur noch ein kleiner rauchender Trümmerberg. Das Haus hatte keinen Keller, da der Grundwasserspiegel so hoch war, dass bei Regen das Wasser im Garten nicht ablaufen konnte. Damals war der Grüne Dyk noch ausserhalb der Welt.

Meine Mutter stand manchmal auf, um sich das Schauspiel am Himmel, wenn die Flakscheinwerfer nach den feindlichen Fliegern suchten, anzusehen. Als nächstes untersuchte ich die Asche nach Knochen, in der Annahme, dass meine Mutter, wie üblich nicht den Keller in dem Gartenrestaurant Tiroler Haus, aufgesucht hätte. Keine Knochen. Vielleicht ist sie nach Bockum in die Wohnung ihrer Mutter gegangen?

Eine Nachfrage in der Nachbarschaft ergab, dass sie seit einigen Tagen nicht gesehen wurde. Dann schickte mich eine Nachbarin zum Tiroler Haus, dort fand ich dann meine Mutter unversehrt. Sie wollte erst, wie immer im Bett bleiben, aber dann bekam sie eine unerklärliche Angst, zog sich notdürftig an, kroch unter dem Stacheldraht durch und rannte über die Weide vor dem Haus zum Restaurant Tiroler Haus.

Der Keller von diesem Restaurant machte jedem Bunker alle Ehre, das Haus war irgendwann 1800 und etwas gebaut worden. Später wurde erzählt, dass der Bomberverband viel zu früh die Bomben ausgeklinkt hatte, so dass viele im Kliedbruch runterkamen und dort keinen Schaden anrichteten.

Vermutlich wurde daher die Gegend hinter dem Bahnhof verschont, da die Flugzeuge nach Abwurf abdrehten.

In der Mittwochsausgabe der Krefelder WZ finden Sie eine ganze Seite mit Zeitzeugenberichten zur Krefelder Bombennacht.