Bücherei Uerdingen: Endstation Müllpresse
Am Mittwoch räumten Mitarbeiter der GSAK das Gebäude leer. Passanten schüttelten den Kopf.
Krefeld. „Ich war heute morgen schon um 7 Uhr da“, sagt Stefan Kanzler. Er besuchte auch einige der Montagslesungen, die von der Bürgerinitiative für den Erhalt der Uerdinger Bücherei seit der Schließung vor elf Monaten organisiert werden. Einen Blick in das Gebäude, das am Samstag sein 100-jähriges Bestehen feierte, hätte er gerne noch geworfen. Dieser blieb ihm nach eigenen Angaben verwehrt.
Dafür habe ein „gefühlt massives Aufgebot von Polizei und Ordnungsdienst gesorgt“, so Kanzler. Sechs bis acht Polizisten habe er gezählt. Um 13 Uhr wachte nur noch ein einzelner Beamter über den ordnungsgemäßen Verlauf der Aktion.
„Sieben gute Holzstühle und massive Einlegeböden“ hat Manfred Göbel in der Presse des großen Müllwagens der GSAK verschwinden sehen. „Normalerweise sollten solche noch gut erhaltenen Sachen doch noch veräußert werden“, sagt er. Bärbel Leibrecht stimmt ihm zu und wundert sich, dass in Zeiten des Nothaushalts noch Geld für diese „Blitzaktion“ übrig ist. „Diese ,Ordre du mufti’ lassen wir uns nicht länger gefallen“, gibt sie sich kämpferisch.
Wie berichtet, teilte die Stadt mit, dass die Räumung aus „versicherungstechnischen und wirtschaftlichen Gründen“ erforderlich sei. Keine gelungene Rechtfertigung für Norbert Sinofzik, Mitglied des Arbeitskreises „Erhalt der Bücherei Uerdingen“. Hinter der plötzlichen Räumung sehe er eine Machtdemonstration der Stadt — besonders mit Blick auf die am vergangen Samstag zelebrierte Feier zum 100-Jährigen. Man wolle den Uerdingern, die sich für die Wiedereröffnung einsetzen, zeigen, „wo der Hammer hängt.“
Tatsächlich wird die Räumung ohne Rücksicht auf die Verbundenheit der Uerdinger vollzogen. Der Müllwagen steht mitten in der Fußgängerzone direkt vor dem Eingang. Säckeweise fällt das ausgediente hölzerne Interieur der Müllpresse zum Opfer. Auch bei Passanten sorgt dies für Kopfschütteln. Für den Erhalt möglicherweise denkmalwürdiger Gegenstände und alter Akten hat sich der Arbeitskreis stark gemacht. „Wir haben Denkmalamt und Gericht informiert“, sagt Sinofzik. Beide hätten zugesagt, sich die betroffenen Sachen anzusehen. Nach den Osterferien will der Arbeitskreis die Nutzung des Gebäudes öffentlich diskutieren. Um für eine Wiedereröffnung zu werben, werden die Montagslesungen weiterhin stattfinden.