Neue Labormedizin-Chefärztin im Interview Corona in Krefeld: So läuft die Auswertung der Proben im Helios-Klinikum

Krefeld · Die neue Chefärztin im Institut für Hygiene und Labormedizin am Helios-Klinikum, Susanne Schuler-Lüttmann, spricht über die ersten Wochen in Krefeld - und die Arbeit in Corona-Zeiten.

 Susanne Schuler-Lüttmann (l.) ist neue Leiterin und Nachfolgerin von Marion Riffelmann (r.) am Hygiene-Institut am Helios.

Susanne Schuler-Lüttmann (l.) ist neue Leiterin und Nachfolgerin von Marion Riffelmann (r.) am Hygiene-Institut am Helios.

Foto: Helios / Sandra Greins

Seit dem 1. April leitet Susanne Schuler-Lüttmann das Institut für Hygiene und Labormedizin am Helios-Klinikum Krefeld. Die Laborärztin und Mikrobiologin war zuletzt als Leitende Oberärztin am St. Franziskus-Hospital in Münster tätig. Sie folgt auf Marion Riffelmann, die nach 24 Jahren am Klinikum, davon neun Jahre als Chefärztin, in den Ruhestand geht. Die beiden Medizinerinnen nutzten den April für eine strukturierte Übergabe in herausfordernden Zeiten.

Frau Schuler-Lüttmann, wie waren die ersten Tage in Krefeld? Was sind Ihre ersten Eindrücke?

Susanne Schuler-Lüttmann: „Es war ein besonderer Start in dieser außergewöhnlichen Zeit. Das Helios-Klinikum Krefeld ist schon seit Ende Februar in der Lage, die Testung auf das neue Coronavirus durchzuführen, und war damit als eines der ersten Krankenhauslabore für die Covid-19-Pandemie gewappnet. Ich bin sehr dankbar, dass Frau Riffelmann mich in den ersten Wochen begleitet hat.“

Was hat Sie an der Aufgabe besonders gereizt?

Schuler-Lüttmann: „Das Helios-Klinikum Krefeld ist ein Maximalversorger mit einem Laborspektrum vor Ort, das man sonst nur von Uni-Kliniken kennt. Am Institut für Hygiene und Labormedizin sind die Labormedizin, die Mikrobiologie, die Molekularbiologie, die Transfusionsmedizin mit eigener Blutspende sowie ein Trinkwasserlabor unter einem Dach vereint. Das hat mich sehr gereizt.“

Wie groß ist Ihr Mitarbeiter-Stab in der Abteilung?

Schuler-Lüttmann: „Im Institut sind sechs Fachärzte, zwei Weiterbildungsassistenten, zwei Naturwissenschaftler und 90 medizinisch-technische Assistenten, medizinische Fachangestellte und Gesundheits- und Krankenpfleger tätig. Ich bin recht schnell in die Tiefen des Laboralltags vorgedrungen.“

Wie sieht die Arbeit in Corona-Zeiten aus?

Schuler-Lüttmann: „Jeden Tag werden bei uns mehr als 250 Atemwegsproben auf Sars (Schweres Akutes Respiratorisches Syndrom, Anm. d. Red.)-Cov2 getestet. Das ist für unser Team eine Herausforderung. Die Untersuchungszahlen in der Molekularbiologie haben sich damit verdoppelt. Auch das Krefelder Gesundheitsamt schickt uns Proben. Schwerpunkt ist aber für uns die Patientenversorgung. Neben dem Krankenhaus in Krefeld testen wir auch für die Helios-Kliniken in Duisburg und Oberhausen. Dabei müssen wir in diesen Zeiten auch immer unsere Mitarbeiter im Blick haben, um schnell reagieren zu können, wenn es einen positiven Befund gibt.“

Was ist jetzt aus Ihrer Sicht besonders wichtig?

Schuler-Lüttmann: „In Krisensituationen ist es wichtig, dass der Informationsfluss stimmt. Es braucht einen guten, engen Austausch zwischen Ärzten, Pflegekräften und der Krankenhaushygiene.“

Wie schnell können Sie Testergebnisse liefern?

Schuler-Lüttmann: „Die Untersuchungszeit ist je nach angeforderter Untersuchung sehr verschieden. Es gibt Tests, bei denen die Ergebnisse in wenigen Minuten vorliegen. Es gibt aber auch Tests, die erst nach Wochen abgeschlossen sind wie z.B. eine Untersuchung auf Tuberkulose. Für die Coronavirus-Diagnostik streben wir die Befundung am gleichen Tag an. Das ist ein recht komplexer Vorgang: Er dauert fünf bis sechs Stunden. Eine optimale Organisation im Labor-Management ist daher unerlässlich.“

Was untersuchen Sie noch alles in Ihrem Labor?

Schuler-Lüttmann: „Es ist das komplette Spektrum der Laboranalytik: angefangen mit Elektrolyten, Leberwerten, Blutbildern, über Testungen der Verträglichkeit von Blutkonserven bis hin zu mikrobiologischen Untersuchungen zum Nachweis von Bakterien, Pilzen und Viren. Dadurch, dass unser Labor direkt vor Ort ist, gibt es eine sehr gute Kommunikation mit den behandelnden Ärzten. Die Behandlung kann sofort beginnen und weitere Maßnahmen eingeleitet werden. Das ist ein enormer Vorteil für Patienten.“

Welche Tipps geben Sie zum Schutz vor einer Ansteckung?

Schuler-Lüttmann: „Der Gold-Standard ist die strikte Einhaltung der Hygienemaßnahmen, also die Händehygiene und das Einhalten der Abstandsregeln. Alle Mitarbeiter und Patienten tragen bei uns zudem einen Mund-Nasen-Schutz. Solange es noch keinen Impfstoff gibt, sind in diesen Zeiten Hygienemaßnahmen das A und O.“

Einige Ihrer Kollegen aus der Virologie äußern sich in den Medien. Man hat das Gefühl, auch die Experten tasten sich vorsichtig voran, manche liegen mit den Vorhersagen sogar falsch, korrigieren sich. Wie ergeht es Ihnen mit der neuen Krankheit?

Schuler-Lüttmann: „Es braucht noch ganz viel wissenschaftliche Forschung, um fundiert Aussagen treffen zu können. Ich verfolge alles sehr genau. Ich kann zum jetzigen Zeitpunkt keine Entwicklung voraussagen. Das kann keiner seriös tun.“

Inwieweit werden Ihre Analysen und Diagnostiken für die Öffentlichkeit in Zahlen oder Berichten sichtbar?

Schuler-Lüttmann: „Wir melden die Zahlen ans Krefelder Gesundheitsamt. Zudem arbeiten wir mit dem Robert-Koch-Institut zusammen. Wir stimmen uns ab mit anderen Kliniken und Laboratorien, klären dabei, wer welche Kapazitäten hat und wer welchen Test durchführen kann.“

Derzeit hört man, dass deutsche Krankenhäuser, auch die in Krefeld, noch gut mit den Corona-Erkrankten umgehen können, genügend Kapazität zur Versorgung haben. Worauf führen Sie das zurück?

Schuler-Lüttmann: „Es wurde sehr früh reagiert und schnell Kapazitäten für die Behandlung von Covid-19-Patienten ausgebaut. Deutschland ist in einer guten Lage. Patienten mit anderen akuten, lebensbedrohlichen Erkrankungen wie Herzinfarkt oder Schlaganfall können weiterhin optimal versorgt werden. Aber auch Patienten mit lange geplanten Operationen, die bereits zwei Monate aufgeschoben wurden, müssen wieder schrittweise und sicher behandelt werden, um gesundheitliche Beeinträchtigung der Betroffenen auszuschließen.“