Corona in Krefeld Ab sofort ertönt auch der Gebetsruf der Muslime in der Corona-Krise

Krefeld · Die islamischen Gemeinden schließen sich einer interreligiösen Aktion an. Die Gesamtzahl der Verstorbenen in der Pandemie hat sich in Krefeld um zwei auf zehn erhöht.

Die Moschee der Türkisch-Islamische Gemeinde Krefeld-Stahldorf  an der Obergath.

Foto: Jochmann, Dirk (dj)

Die Corona-Pandemie hat in Krefeld zwei weitere Todesopfer gefordert. Gestorben sind Bewohner des Pflegeheims für Demenzkranke, in dem es zuvor schon vier Todesfälle gegeben hatte. Beide stammen aus dem Jahrgang 1941, informierte Stadtdirektorin Beate Zielke. Aktuell sind in dem Heim noch zwölf von 74 Bewohnern infiziert. Die Zahl der Toten ist damit auf zehn gestiegen.

Ab sofort nehmen auch die Muslime aus Krefeld am täglichen interreligiösen Gebetsaufruf der christlichen Kirchen und der Jüdischen Gemeinde teil. Zusätzlich zum Glockengeläut ab 19 Uhr wird von den Moscheen der Ruf des Muezzins über Lautsprecher zu hören sein. „Das gilt nur für den Zeitraum der durch Corona bedingten Schließungen“, betonte Oberbürgermeister Frank Meyer. Mit Blick darauf, dass es wegen des Gebetsrufes in anderen Städten zu Problemen gekommen war, da sich Muslime und Schaulustige vor den Moscheen versammelt hatten, hob er ausdrücklich hervor, das genau dies nicht gewünscht sei. Die Gläubigen werden daher darauf hingewiesen, sich nicht vor Kirchen, Synagogen oder Moscheen zu treffen. Mit Vertretern der Kirchen will Meyer nächste Woche die Möglichkeit einer Öffnung von Gotteshäusern beraten.

Erst am späten Freitagmorgen waren bei der Stadt die Erlasse zur Umsetzung der neuen Corona-Schutzverordnung angekommen. Der Krisenstab der Verwaltung wird sich am Samstagmorgen damit beschäftigen. Klar ist schon: Einzelhandelsgeschäfte mit einer Größe von mehr als 800 Quadratmetern dürfen auch dann nicht öffnen, wenn sie ihre Verkaufsfläche verkleinern.

Tobias Hau, Geschäftsleiter der Sinn-Filiale an der Hochstraße, berichtet, dass das Mode-Kaufhaus eine Fläche von 5000 Quadratmeter hat. Es wird also geschlossen bleiben müssen. „Klar ist es unser aller Ziel, so schnell wie möglich zu öffnen – wenn mit Auflagen, dann ist das eben so“, sagt Hau. „Jeder Tag, an dem zu ist, ist negativ für uns.“

Möglich ist im „Anderen Buchladen“ an der Dionysiusstraße hingegen mehr. „Wahrscheinlich am Montag“ werde der Laden wieder öffnen, sagt Mitarbeiterin Ursa Engelen. Sie habe schon Desinfektionsmittel und Handschuhe mitgebracht – letztere sollen für die Kunden bereitgelegt werden. Anschließend werden die Handschuhe entsorgt. Eine Glaswand vor der Kasse wird noch installiert, ebenso die Abstandsmarkierungen auf dem Boden. Dass man wieder öffnen darf, sei überraschend gekommen. „Aber das wird schon irgendwie gehen, wir sind ja alle erwachsene Leute“, sagt Engelen. Man werde immer nur zwei bis drei Leute gleichzeitig in den Laden lassen, Kaffee und Sitzgelegenheiten zum Verweilen gebe es vorerst nicht mehr.

Vorbereitet wird derzeit die schrittweise Öffnung der Schulen und Kindergärten, auch wenn es dazu noch offene Fragen gibt. Schon in der nächsten Woche sollen Abi-Kurse zurückkehren können. „Je mehr Kinder kommen, desto problematischer wird es“, so Zielke. Laut Meyer folge die Stadt den Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts: Abstand halten, regelmäßig die Hände waschen. Türklinken, Handläufe und Tische würden gesondert gereinigt. An den Waschbecken in den Klassen soll es Seifenspender geben, aber keine Desinfektionsmittel: Diese „Brandbeschleuniger“ gehörten nicht in Kinderhände. Wie in den teils alten Schulgebäuden Klassenräume vergrößert werden könnten, kann Meyer sich nicht vorstellen.

Insgesamt ist die Zahl der Infektionen leicht angestiegen. Wie André Wiegratz als leitender Notarzt des Krefelder Rettungsdienstes ausführte, müsse „man die Entwicklung im Auge behalten“. Denn mit den beschlossenen Lockerungsmaßnahmen und der zunehmenden Zahl von schweren Krankheitsverläufen könnten die Zahlen weiter steigen. Eine Überlastung der Kliniken gebe es derzeit nicht.

Wie sehen die Zahlen aus? Laut Zielke gibt es, Stand Freitag, 373 bestätigte Fälle – 13 mehr als am Tag zuvor. 103 Personen sind aktuell infiziert (plus sieben), 260 genesen (plus vier). 1220 Menschen sind in Quarantäne (plus 29), 30 im Krankenhaus. Neun davon auf der Intensivstation, von denen acht beatmet werden.

Der Publikumsverkehr in der Stadtverwaltung bleibt bis zunächst zum 30. April weiter eingeschränkt.