Pro und Contra Darum sollten abgesagte Karnevalszüge nicht nachgeholt werden

Meinung | Krefeld · Mit dem Aschermittwoch endet die fünfte Jahreszeit und leitet in die Fastenzeit über, die zum Osterfest führt. Ein Karnevalszug, der nachgeholt wird, ist kein Karneval mehr.

Tulpensonntagszug Uerdingen,

Foto: Jochmann, Dirk (dj)

Erinnern wir uns: Die so genannte fünfte Jahreszeit ist der Brauch, vor der Fastenzeit, die uns zum Osterfest führt, noch ein letztes Mal ausgelassen zu feiern. Nicht umsonst schließt der Karneval zwar humorvoll tränenreich, aber dennoch in den symbolischen Ritualen sehr konsequent mit dem Aschermittwoch: Der Hoppeditz als kleiner Schelm und Spaßmacher wird beerdigt. Aus und vorbei! Fleisch, lebe wohl!

Wer es mit diesen Werten nicht so genau nimmt, für den leitet sich der Karneval möglicherweise noch aus der Idee einer vorchristlichen Betrachtung ab: den Winter auszutreiben. Aber auch das klappt logischerweise nur vor oder gerade mit dem Übergang in den Frühling.

Nicht von ungefähr kamen deshalb die Reaktionen auf die Wiederholung zahlreicher Karnevalszüge, die ebenfalls nach einem Sturm im Jahr 2016 im Februar ausgefallen waren. In manchen Nachbarstädten beispielsweise im Mai mit Temperaturen, die zwar das Feiern auf der Straße grundsätzlich angenehmer machen, aber überhaupt nichts mehr mit der überlieferten Tradition gemein haben. „Das ist doch viel zu warm für Karneval“, waren zumeist die Reaktionen irritierter Besucher, die die Teilnahme am närrischen Treiben eben grundsätzlich mit den Unbilden der Witterung im Februar gleichsetzen – und damit ja eben genau den Kern der Veranstaltung feiern. Nicht aus Hang zum Frösteln und Frieren, vielmehr wegen des Zusammenhangs mit dem Ursprung des Karnevals.

Das Hintertürchen des Wiederholens der Veranstaltung birgt die Gefahr der Beliebigkeit, die gerade bei der Vermittlung von Werten nicht unproblematisch ist. Und schon werden tatsächlich jene Stimmen laut, die grundsätzlich eine Abkehr von Karneval in den Wintermonaten fordern. Doch die vergessen dabei völlig, dass Wetterkapriolen durchaus auch in anderen Monaten zu erwarten sind: Starkregen beispielsweise oder eben auch vernichtende Stürme, wie ihn „Ela“ 2014 Anfang Juni beschert hat.

In dem Ausfall einer Veranstaltung steckt gerade die Chance, den Wert und die Idee des Brauchtums zu schärfen. Auch wenn Karneval eine Spaßveranstaltung ist, reich an Bedeutung ist er dennoch.

So hart es klingt: Vielleicht gehört es in unserer Gesellschaft und insbesondere mit der Erziehung von Kindern auch dazu, sich mit Verlust und Trauer auf eine ehrliche Weise auseinanderzusetzen. Wenn alles nachgeholt, alles ersetzt werden kann, bietet sich kein Raum mehr für Tiefe und Grundsätzlichkeit. Und gerade dadurch, dass in den kommenden Jahren womöglich Wetterkonstanten immer mehr zu schwinden scheinen, verleitet die Bereitschaft der Ausflucht zur Oberflächlichkeit. Die Haltung gegen eine Wiederholung ist übrigens auch eine des Bundes Deutscher Karneval (BDK), der sagt, dass es grundsätzlich die Regelung gibt, dass außerhalb der Fastnachtszeit keine karnevalistischen Veranstaltungen stattfinden sollen. Karneval ist demnach eingebettet in den „christlichen Jahreskreis“. 

Ein Karneval, der nachgeholt wird, ist zumindest kein Karneval mehr.