Das Weihnachtsgeschäft gibt es im Handel nicht mehr

Verbandsgeschäftsführer Markus Ottersbach räumt mit alten Bildern und Erwartungen auf, dass die letzten beiden Monate des Jahres den Umsatz retten.

Foto: DJ

Krefeld. Das klassische Weihnachtsgeschäft im Handel gibt es nicht mehr. Das ist zumindest die Ansicht von Markus Ottersbach, dem Geschäftsführer des Einzelhandelsverbandes Krefeld-Kreis Viersen. Auf eine Bilanz des Einzelhandels angesprochen, überrascht er zu Beginn des Jahres mit einer nur auf den ersten Blick provokanten Aussage: „Ich frage mich, ob die befragten Händler von derselben Innenstadt sprechen, wenn der eine von guten Umsatzzahlen, der andere im selben Segment von schlechten spricht.“

Foto: Bischof

In der Wirtschaftswunderzeit sei das Weihnachtsgeschäft noch von außergewöhnlicher Bedeutung gewesen — branchenübergreifend und für alle Läden gleich. Bis in die 90er-Jahre hinein habe es gravierende Umsatzunterschiede im November und Dezember zum Rest des Jahres gegeben. Im Hinblick auf Weihnachten hätten sich die Menschen etwas Großes, Außergewöhnliches gegönnt. „Bis auf wenige Branchen gibt es das heute jedoch nicht mehr“, sagt Ottersbach.

Einzig bei Spielwaren, Parfüms, Büchern, Unterhaltungselektronik und Accessoires werde laut Ottersbach in der Vorweihnachtszeit deutlich mehr verkauft. Dieser Anteil des Handels mache jedoch gerade einmal 20 Prozent aus.

Ottersbach hält eine pauschale Aussage zum Weihnachtsgeschäft — ganz gleich, ob als gut oder schlecht eingestuft — für falsch. „Die Hälfte des Gesamteinzelhandels wird vom Lebensmittelhandel bestimmt. Der verkauft tatsächlich in der Weihnachtszeit und zu Silvester mehr und höherwertige Produkte als in der übrigen Zeit des Jahres.“ Doch dieses Bild habe niemand im Kopf, wenn von einem gestiegenen Umsatz im Einzelhandel gesprochen werde.

Zu den Gewinnern gehöre auch der Möbelhandel. Während der Umsatz mit Beginn des Dezembers meist einbreche, zähle die Zeit zwischen den Jahren und zum Jahresanfang in dieser Branche zu den besten. „Die Krefelder Möbelhändler hatten mit dem verkaufsoffenen Sonntag in den vergangenen 14 Tagen eine Superzeit.“ Die Kunden hätten wegen der Urlaubstage Zeit gehabt, geguckt und dann gekauft.

Längst verteile sich der Umsatz im Einzelhandel auf das gesamte Jahr. Wer als Händler darauf baue, einen schlechten Umsatz in den letzten beiden Monaten des Jahres noch wettzumachen, laufe Gefahr, zu scheitern. „Das eigene Angebot spielt inzwischen eine große Rolle, die Geschäftslage in der Innenstadt, die Art der Ansprache der eigenen Kunden, aber auch der Zufall, ob gerade vor der Tür ein Parkplatz frei ist“, sagt Ottersbach. Die Bindung der Kunden an bestimmte Marken habe nachgelassen. Gewohntes Kaufverhalten löse sich auf. Was früher undenkbar war, sei nun Alltag: „Leute gehen erst zu Primark shoppen und dann in hochwertige Modegeschäfte, sie decken bei Aldi ihre Grundbedürfnisse ab, um sich dann im Feinkostladen etwas Besonderes zu gönnen.“

Doch ein Gutes habe die Vorweihnachtszeit immer noch: „Die Menschen kommen verstärkt in die Krefelder Innenstadt.“