Der Streit um die Transparenz im Kommunalbetrieb
In einer Mammutsitzung des Rates ringen die Politiker um den neuen Kommunalbetrieb.
Krefeld. Der Rat hat in einer siebenstündigen Mammutsitzung kurz vor Jahresfrist noch einige wichtige Themen auf den Weg gebracht. Darunter zuvorderst den Haushalt 2018 und die Fortschreibung des Haushaltssicherungskonzeptes. Aber auch die Weiterentwicklung des Prozesses rund ums Seidenweberhaus, dazu das Modellprojekt „Problemimmobilien“ und das Integrierte Handlungskonzept Uerdingen waren Thema. Und als ob Oberbürgermeister Frank Meyer den Konsolidierungskurs Krefelds nicht gefährden wollte, bricht er die Sitzung pünktlich eine Minute vor Mitternacht ab. 60 Sekunden später wäre ein weiteres Sitzungsgeld für die tapferen Kommunalpolitiker fällig gewesen.
Natürlich wird nicht nur gekuschelt. Größtes Streitthema in einer sonst weitgehend friedlichen Weihnachtssitzung ist sicher die Erweiterung der Satzung für den neuen Kommunalbetrieb Krefeld. Insbesondere die Zusammensetzung des Verwaltungsrates und die Risiken der Umstrukturierung der Krefelder Verwaltung stehen im Fokus. So will FDP-Chef Joachim C. Heitmann den Tagesordnungspunkt per Antrag komplett von der Tagesordnung nehmen, die Grünen zumindest die Beteiligung von sachkundigen Bürgern an dem künftigen Aufsichtsgremium sichern. Beide scheitern an der Mehrheit von CDU und SPD. Besagtes 16-köpfiges Gremium, das unter Ausschluss der Öffentlichkeit tagen wird, setzt sich nun aus Mitgliedern der großen Fraktionen zusammen.
Was die kleinen Parteien angeht: Claus Preuß von Die Partei gründet kurzerhand mit UWG-Chef Andreas Drabben und Peter Klein von den Piraten eine Liste, um einen Platz zu bekommen.
In der Debatte verteidigt Anja Cäsar von den Grünen ihre Auffassung, dass die Anstalt öffentlichen Rechts (AöR) zu einer Art nicht-öffentlichen Selbstbedienungsladen werde. „Wir haben die Reform der Verwaltung immer unterstützt und die Satzung auch mitbeschlossen. Aber irgendwann hat sich die Kommunikation seitens der Verwaltung stark zurückentwickelt, und wir haben einfach zu viele Fragen. Es fehlt uns deutlich an Transparenz und wir glauben, dass diese Rechtsform keine Synergien schafft.“
Intransparenz ist auch das Thema von Stephan Hagemes (Linke): „Wir sehen zudem Gefahren und Risiken, eine Erleichterung der Privatisierung, tarifliche Verschlechterungen und sogar einen Gesamtpersonalrat mit rechtlichen Bedenken. Zudem ist heute noch nicht klar, ob in der AöR Umsatz- oder Grunderwerbssteuer gezahlt werden muss. Wir fragen: Wofür das Ganze?“ Hagemes befindet sich damit in seltener Einigkeit mit Liberalen-Chef Joachim C. Heitmann: „Warum lassen wir den Betrieb mit der Aufgabe Entwässerung nicht erstmal arbeiten und schauen, wie effizient dieser Kommunalbetrieb wirklich agieren kann? Ich sehe mangelnde Transparenz und den Versuch, für den neuen Kommunalbetrieb eine größtmögliche Unabhängigkeit vom Stadtrat zu schaffen.“ Heitmann spielt auch auf den Beschluss gegen eine Einbindung von sachkundigen Bürgern im AöR-Aufsichtsgremium an: „Wie ist das denn bei der SWK? Dort sitzt beispielsweise ein Herr Fabel von der CDU mit drin. Und er ist der Einzige in der CDU, der weiß, was da läuft.“
Ein gut aufgelegter CDU-Fraktionschef Philibert Reuters lässt sich an diesem Marathonabend nicht provozieren. Er kontert souverän: „Ich bemerke so eine Sehnsucht nach der guten alten Zeit. Bloß keine Veränderung.“ Früher, als die Eisenbahn die ersten Gleise verlegte, hätten konservative Geister „Um Himmels Willen“ gerufen. „Und heute? Ohne Mut keinen Fortschritt.“ Reuters regt an, doch mal die Mitarbeiter bei den GSAK zu erfragen „wie Arbeitsplätze interessanter und sicherer werden können“.
Die Schützenhilfe kommt natürlich von SPD-Pendant Benedikt Winzen, vor allem in Richtung Heitmann: „Herr Heitmann, Sie stricken viel zu gern Legenden und erzählen Märchen. Der Rat hat viel größeren Zugriff auf den AöR-Verwaltungsrat als auf andere kommunale Gremien.“ Man setze zudem gerade hierbei auf absolute Transparenz. „Es gab und gibt ja auch berechtigte Fragen aus der Mitarbeiterschaft, die gestellt und auch beantwortet werden müssen.“
An dieser Stelle bricht auch OB Meyer noch mal eine Lanze für den Prozess der Ausgliederung: „Erstens betone ich gern erneut, was längst schriftlich fixiert ist: Kein Mitarbeiter wird beim Übergang in die AöR schlechter gestellt oder in seinen Karriereplänen behindert.“ Man woll einfach serviceorientierter werden, ein besserer Dienstleister sein. „Unsere Kollegen da draußen an den Schüppen sind es leid, sich erklären zu müssen, weil sie gewisse Dinge in der jetzigen Struktur einfach nicht schaffen können.“