Die Bahn enttäuscht Pendler
Am Hauptbahnhof beschweren sich Krefelder über Verspätungen und fehlende Infos.
Am Krefelder Hauptbahnhof warten viele Leute bereits seit einigen Minuten auf ihren Zug. Verärgerte Pendler blicken auf ihre Armbanduhr und warten auf eine Durchsage oder neue Informationen auf der Anzeigetafel. Anschlüsse oder wichtige Termine werden einige wohl verpassen. Solche Situationen möchte die Deutsche Bahn eigentlich vermeiden.
Laut Konzernversprechen sollten 80 Prozent aller Fernzüge in diesem Jahr pünktlich ankommen und abfahren. Die Deutsche Bahn hat dieses Pünktlichkeitsziel allerdings aufgegeben. „Wir sind bei der Pünktlichkeit noch nicht da, wo wir hinwollen“, sagte Bahnchef Richard Lutz der Süddeutschen Zeitung. „Dafür ist zu viel passiert, gerade im zweiten Halbjahr. Das ärgert uns. Wir hatten den Kunden mehr versprochen“, sagte Lutz. Als Grund nannte er die vielen Bauarbeiten am Schienennetz, die aber unvermeidlich seien.
Das Bahnunternehmen hält aber weiterhin an seinem Versprechen fest, dass langfristig gesehen 85 Prozent aller Züge den Fahrplan einhalten sollen. Das würde die Krefelder Pendler freuen, denn sie gaben bei einer Umfrage am Hauptbahnhof an, oft von den Folgen von Zugverspätungen und -ausfällen betroffen zu sein.
Mit „sauschlecht“ beantwortet der Chemiker Reinhard Schubert die Frage nach seinen Erfahrungen mit der Deutschen Bahn. Er fährt zwei Mal die Woche im Auftrag seines Arbeitgebers quer durch Deutschland. Schubert fährt oft in der ersten Klasse, was es für ihn noch unverständlicher macht, wenn der Zug beispielsweise ohne Vorankündigung in der falschen Waggonreihenfolge in den Bahnhof fährt. Teilweise muss er vom einen zum anderen Gleisende laufen, um in das richtige Abteil zu gelangen. Generell sei die Informationspolitik für ihn „so gut wie nicht vorhanden“.
Jessika Kirschner
Er beschreibt eine Situation, in der er weitaus mehr als eine Stunde am Gleis gewartet hat, bis die Verspätung des Zugs mitgeteilt wurde. Die Abfahrt des Folgezuges soll dann erst vier Stunden später gewesen sein. Aufgrund seiner bisherigen Erfahrungen hat er sich mit der Unpünktlichkeit der DB abgefunden. Schubert ist sich sicher, dass das langfristige Ziel der Bahn nicht erreicht wird.
Er ist nicht der Einzige, der sich über die Bahnverspätungen ärgert. Auch Berufspendlerin Brigitte Sitnevski ist nicht überzeugt von dem Vorhaben der Deutschen Bahn, hauptsächlich zeitig unterwegs sein zu wollen. Für sie sind die Gleisunfälle mit Bäumen und Sträuchern nur eine Ausrede für die vielen Verzögerungen.
Von diesen kann Jessika Kirschner ausreichend berichten. Fast täglich hat ihre Bahn Verspätung, was zur Folge hat, dass sie ihren Anschlusszug verpasst. Sie sei sogar schon einmal „im Nichts ausgesetzt worden, um dort auf den nächsten Zug zu warten“. Das sei vor allem im Winter ein Problem. Auch die Weitergabe von Informationen an die Passanten bezüglich der Unpünktlichkeit sei schlecht, denn die Kommunikation zwischen der Deutschen Bahn und anderen Bahnunternehmen wie National Express funktioniere nicht. „Ich erwarte eine Gegenleistung für mein Geld, das ich in das Bahnticket stecke“, so Jessika Kirschner.
Enes Özdemir findet das Preis-Leistungs-Verhältnis ebenfalls ungerechtfertigt. Er fährt fünf bis sechs Mal in der Woche mit dem Zug. Mindestens bei drei Fahrten ist er von Verzögerungen betroffen. Das Vorhaben der DB für das kommende Jahr bewertet er als nicht umsetzbar.
Thienno Diallo dagegen hegt noch Hoffnung. „Ich bin auf die Züge angewiesen, deshalb hoffe ich, dass die Deutsche Bahn dieses Ziel erreichen wird.“