Die Mär von der Seidenstadt

Krefeld. Image ist ein komplexes Instrument. Es genügt nicht, es als Sticker auf eine leere Hülle zu kleben und zu hoffen, dass niemand den Etikettenschwindel bemerkt.

Wo wird sie sichtbar, die "Stadt wie Samt und Seide", die Krefeld so gern sein möchte?

Zugegeben: Man kann das Image altbacken finden, es für ein Überbleibsel längst vergangener Zeiten halten. Und doch profitieren Städte in der Regel vom Pakt mit der eigenen Vergangenheit. Die Tradition zu bewahren und clever mit der Gegenwart zu verknüpfen, ist die hohe Kunst. So entsteht Attraktivität nach außen und vor allem Bindung nach innen. Die Bürger identifizieren sich mit ihrer Stadt.

Das Deutsche Textilmuseum - schon im Namen wird die bundesweite Bedeutung sichtbar - könnte ein solcher Ort der Identifikation sein. Doch leider sieht man dem Haus an, dass es seit Jahrzehnten wie das Stiefkind der Krefelder Kulturszene behandelt wird. In der jetzigen Form ist es ein Relikt in der Museumslandschaft. Die ungeheuren Schätze, die seine einmalige Sammlung birgt, versauern im Keller. Für eine angemessene Präsentation fehlen Räume und Mittel.

Doch statt endlich eine Richtungsentscheidung zu treffen, wird die prekäre Lage stillschweigend verschlimmert. 16.000 Euro Ausstellungsetat pro Jahr sind eines Museums unwürdig; das weiß niemand besser als die Fachleute, die sich auf den Leitungsposten beworben haben und dann erkennen mussten, dass sie auf ein totes Pferd setzen.

Die doppelte Blamage bei der Direktorensuche sollte ein Weckruf für die Politik sein. Sie kann das darbende Haus entweder konsequent abwickeln. Oder sie gibt sich einen Ruck und wagt einen Neuanfang. Das Textilmuseum braucht eine Perspektive. Und wer weiß, vielleicht kann das sogar eine Perspektive für die Stadt wie Samt und Seide sein.