Kriminalprävention Das sind die Maschen der Trickbetrüger
Krefeld · Ob falsche Polizisten, der Enkeltrick, der Lotterie-Gewinn oder der Verkehrsunfall-Trick – immer mehr Senioren werden zum Opfer. Doch man kann sich schützen.
Die Maschen sind vielfältig, das Ergebnis ist aber in vielen Fällen dieses: Ältere Menschen werden bevorzugt am Telefon abgezockt. 323 Anzeigen, in denen es um Telefonbetrug von Senioren ging, registrierte die Polizei in Krefeld allein im laufenden Jahr. Selbst für die Corona-Pandemie wurde schon eine eigene Masche kreiert. Aber die Aufklärung durch Polizei, Verbraucherzentralen und Medien fruchtet auch: 652 Krefelder Bürger meldeten sich bei der Polizei, um entsprechende Versuche mitzuteilen.
Sensibilisiert ganz sicher auch durch die Arbeit von Hans Schneider. Der Kriminalhauptkommissar ist im Opferschutz tätig, versucht durch Aufklärung auf eben diese Gefahren hinzuweisen. Schneider weiß sehr gut, mit welchen psychologischen Tricks die Anrufer gerade ältere Menschen bearbeiten. „Die werden am Telefon unter Stress gesetzt. Je mehr Stress, umso weniger wird nachgedacht.“
Was sind derzeit die gängigsten Methoden? Und wie wehrt man sich am besten? Viele Leser haben aufgrund akuter Fälle nach Informationen gefragt. Hier kommt unser Überblick.
Fall 1: Falsche Polizisten
So läuft es ab
Zuletzt hatte eine regelrechte Anrufserie in Traar die Polizei auf Trab gehalten. An einem Abend gingen innerhalb einer Stunde von 25 Personen Meldungen ein, die Verdacht geschöpft hatten. Sie alle waren ihrerseits kurz zuvor angerufen worden: Von einem angeblichen Kriminalbeamten. Die von diesem erzählte Geschichte ging so: „In Ihrer Nachbarschaft ist eingebrochen worden, Geld und Wertgegenstände wurden gestohlen. Wir haben einen Täter festgenommen, er hatte ein Notizbuch bei sich, darin stehen auch Ihr Name und Ihre Adresse. Weil wir noch nicht alle Täter gefasst haben, besteht die Gefahr, dass nun auch noch bei Ihnen eingebrochen wird. Sie sollten keine Wertgegenstände im Haus aufbewahren, ein Kollege kommt gleich zu Ihnen und bringt alles in Sicherheit.“
Gehe jemand einem solchen Anrufer gutgläubig auf den Leim, dann gehe die Sache so weiter. Die Täter zerstreuen Zweifel des Angerufenen zum Beispiel dadurch, dass sie ihm anbieten: „Rufen Sie doch die 110 an, die Kollegen werden Ihnen die Sache bestätigen.“ Wählt der Angerufene dann die 110, ohne vorher die Verbindung zu dem Anrufer zu trennen, so bekommt er ein Freizeichen vorgespielt. Es meldet sich angeblich die Polizeileitstelle Krefeld, im Hintergrund sind Funkverkehr, vielleicht ein Martinshorn zu hören. Fällt dann das Opfer auf die falsche Kulisse ’rein, so lässt es sich manchmal sogar auch noch darauf ein, die Wertgegenstände irgendwo draußen zu deponieren. Der Täter kann alles ungestört und vor allem unerkannt abholen. Viele dieser Betrüger arbeiten zudem mit ausländischen Telefonanbietern zusammen, die die Nummer 110 als Anrufer-Nummer im Display einblenden können.
So schützt man sich
Bei einem Anruf der Polizei erscheint nie die Rufnummer 110 im Display. Fordern Sie den Namen des Anrufers und beenden Sie sofort das Gespräch. Wenn Sie einen verdächtigen Anruf erhalten, rufen Sie bitte unbedingt die echte Polizei an, aber keinesfalls von dem Telefon aus, an dem Sie den zweifelhaften Anruf entgegengenommen haben. Betrüger können die Leitung so manipulieren, dass Sie sofort wieder mit Ihnen verbunden werden. Rufen Sie von einem anderen Telefon aus die 110 an. Die Polizei fragt zudem niemals telefonisch nach Kontostand, Zugangs-Codes, Inhalt von Schließfächern oder Vermögensverhältnissen.
Fall 2: Enkeltrick
So läuft es ab
Auch der Enkeltrick ist eine perfide Masche. Dabei täuscht der Anrufer eine verwandtschaftliche Beziehung vor, um den oder die Angerufene zum Überweisen von Geld zu bringen. Dass ein solches Gespräch mit der Floskel „Rate mal, wer hier spricht“ eröffnet wird, damit der Angerufene dann sagt, „Bist du es, Horst?“ und dann der Anrufer schnell in die Rolle des Horst schlüpft, sei gar nicht so häufig. Es gehe viel subtiler: Eröffnet wird mit einem „Hallo, wir haben uns schon lange nicht mehr gesprochen, geht’s dir gut?“ Und dann traut sich der Angerufene bei so viel Vertraulichkeit nicht zuzugeben, dass er nicht weiß, wer da spricht. Und will auch nicht unhöflich sein.
Kriminalhauptkommissar Hans Schneider vom Krefelder Opferschutz sagt: „Gerade Ältere haben Angst, ein entsprechendes Unwissen zuzugeben, weil sie dann zu Recht befürchten, dass der andere vielleicht fragt: ,Geht’s dir nicht gut, kennst du mich nicht mehr, bist du so vergesslich?’ Dann kommt schließlich das ,Bist du es, Horst?’. Und das Unheil nimmt seinen Lauf.“
Vor allem beim Enkeltrick, bei dem versucht wird, in einer vermeintlichen Notsituation Geld zu ergaunern, seien die Bankmitarbeiter der letzte Rettungsanker. Mit der Frage „Was wollen Sie mit der Summe?“ konnte im vergangenen Jahr im Juli eine 91-jährige Krefelderin davor bewahrt werden, ihr gesamtes Erspartes in Höhe von 20 000 Euro an eine Betrügerbande zu verlieren. „Oftmals wissen die Geschädigten, dass sie vorsichtig sein sollten, doch die Anrufer – oftmals aus Callcentern – sind so gut geschult und bauen einen solchen psychischen Druck auf mit Appellen wie ‚Hilf mir bitte’, dass alle Vorsicht außen vor bleibt“, erzählt Kriminalhauptkommissar Robert Lax.
So schützt man sich
Legen Sie bei solchen Anrufen sofort auf, sobald Ihr Gesprächspartner Geld oder Wertsachen verlangt. Informieren Sie vertrauenswürdige Personen über den Anruf und informieren Sie sofort die Polizei unter Notruf 110. Warnung per Mousepad: Es gibt eine Kautschukunterlage, die der Senior auf seinen Tisch legen kann, um darauf sein Telefon zu deponieren. Nimmt man das Telefon in die Hand, fällt der Blick unwillkürlich auf die Warnung: „Fremde am Telefon. Vorsicht Betrüger. Im Zweifel 110 wählen.“
Fall 3: Corona
So läuft es ab
Auch die aktuelle Corona-Situation wird ausgenutzt. Kriminalhauptkommissar Heinz Siemes, Leiter des für Wirtschaftskriminalität, Cyberkriminalität und Betrug zuständige Kriminalkommissariat, berichtet von einem Fall, in dem einer älteren Dame erzählt wurde, ein Verwandter liege mit der Infektion in der Klinik, er brauche dringend 20 000 Euro für Medikamente.
So schützt man sich
siehe Fall 2
Fall 4: Lotterie-Gewinne
So läuft es ab
Dann gibt es den Betrug, bei dem Lotterie-Gewinne versprochen werden. Wenn das Opfer den fünfstelligen Betrag haben wolle, müsse es nur noch schnell eine Notar- oder Zollgebühr bezahlen. Und zwar so: „Kaufen Sie einen Packen Gutscheine von Amazon oder Google, rubbeln Sie die Zahlen frei und geben uns die Gutscheinnummer durch.“ Natürlich kommt der Gewinn nie an, aber die Täter haben die Gutscheine.
So schützt man sich
Als vermeintlicher Glückspilz sollten Sie niemals mit geforderten Beträgen in Vorkasse treten – weder in bar noch per Nachnahme. Erteilen Sie auch keine Ermächtigung zur Abbuchung irgendwelcher Beträge von Ihrem Konto. Das Geld ist meist verloren, während Sie vergeblich auf den Gewinn warten. Wegen weiterer Auskünfte sollten Sie keine teuren Telefonnummern unter 0900 beziehungsweise 0137 anwählen. Sonst droht Ihnen, dass Sie möglichst lange in der Leitung gehalten werden und dies bei der nächsten Telefonrechnung teuer bezahlen müssen – meist ohne einen Gewinn zu erhalten.
Fall 5: Microsoft-Trick
So läuft es ab
Ein angeblicher Mitarbeiter von Microsoft ruft an, behauptet, dass der Computer des Angerufenen virenverseucht sei. Per Fernwartungssoftware überredet er den Angerufenen, ihn seinen Computer steuern zu lassen, vernichtet hier und da angeblich einen Virus. Und siehe da, im Bereich Onlinebanking versteckt sich auch noch ein fieser Virus. Schnell werden die Daten zum Einloggen erfragt. „Vor der Nase des Angerufenen verschwindet das Geld vom eigenen Konto auf ein anderes irgendwo auf der Erde“, sagt Siemes.
So schützt man sich
Auflegen. Rufen Sie dann die 110 an, nachdem das Gespräch ordentlich getrennt wurde, und schildern Sie den Vorfall. Polizei oder Mitarbeiter von Microsoft fragen niemals telefonisch nach Kontostand, Zugangs-Codes, Inhalt von Schließfächern oder Vermögensverhältnissen.
Fall 6: Verkehrsunfall-Trick
So läuft es ab
Die Täter rufen als angeblicher Sohn oder Tochter an. Diese behaupten herzzerreißend weinend am Telefon, gerade einen tödlichen Verkehrsunfall verursacht zu haben und von der Polizei festgenommen worden zu sein. Der Tote würde Kinder hinterlassen. Dann meldet sich eine zweite Person am Telefon und behauptet, Polizist zu sein. Angeblich hätten die Hinterbliebenen geäußert, von einer Anzeige abzusehen, wenn alle Kosten (Beerdigung etc.) übernommen werden. Erst dann könnte man Sohn oder Tochter wieder freilassen.
So schützt man sich
Die Polizei rät, solche betrügerischen Telefonate sofort abzubrechen. Lassen Sie sich nicht in ein Gespräch verwickeln und geben Sie keine Wertsachen oder Bargeldbeträge heraus.
Fall 7: Erfundene Rechnung per Mail
So läuft es ab
„Wir haben festgestellt, dass unsere Forderung Nr. xxxxxxx immer noch nicht gebucht wurde.“ Mit einem Satz wie diesem können Betrugs-Mails beginnen. Zahlreiche Verbraucher haben solche E-Mails an das Phishing-Radar der Verbraucherzentrale NRW weitergeleitet. Sie sind Teil einer Spam-Welle. Die Absender und Formulierungen solcher Spam-Mails sind oft unterschiedlich, aber die Absichten immer gleich: Entweder wollen die Kriminellen tatsächlich auf diese Weise zu Geld kommen oder fremde Computer mit schädlicher Software infizieren. Für zusätzliche Verunsicherung sorgen echte Daten der Mail-Empfänger: Sie werden mit ihrem Namen begrüßt, und dieser wird auch im Verlauf des Textes erwähnt.
So schützt man sich
Wenn der angezeigte Absender und der vermeintliche Absender im E-Mail-Text nicht übereinstimmen, ist etwas faul. Lassen Sie sich nicht vom angezeigten Absender-Namen täuschen, sondern lassen Sie Ihr Programm die E-Mail-Adresse anzeigen. Bei Betrugsversuchen werden gerne existierende Firmen genannt, bei denen aber zum Beispiel die angegebene Adresse nicht stimmt. Geben Sie Namen und Adressen in eine Suchmaschine ein und prüfen Sie die Ergebnisse. Wenn Registernummern wie zum Beispiel aus dem Handelsregister genannt werden, können Sie diese auf handelsregister.de prüfen. Finden Sie keine Übereinstimmungen, ignorieren Sie die Forderung.
Fall 8: Trickbetrug an der Haustür
So läuft es ab
„Lassen Sie keinen Unbekannten in Ihre Wohnung“, warnt die Kripo. Am besten sei es, eine Türsperre einbauen zu lassen. Sind der oder die Täter erst einmal in der Wohnung, sei es zu spät. Das zeigt auch die Krefelder Kriminalitätsstatistik. Von 47 Trickdiebstählen aus Wohnungen waren 42 erfolgreich. Ganz gleich ob Dachdecker, Mitarbeiter der Stadtwerke, Handwerker oder ein vermeintlicher Besucher des Nachbarn klingelt und um Einlass bittet für ein Glas Wasser, einen Zettel für eine Botschaft oder um angeblich Zählerstände abzulesen: Ohne Anmeldung und gut leserlichen Ausweis sollte niemand rein gelassen werden. Denn während die eine Person den Wohnungsbesitzer ablenkt, durchsuchten häufig seine Komplizen die anderen Räume nach Wertsachen.
So schützt man sich
Rufen Sie im Zweifel selbst die angeblich beauftragte Firma an und rufen Sie sofort eine Vertrauensperson hinzu oder vereinbaren einen späteren Termin, an dem Sie dann nicht alleine in der Wohnung sind.